Kolumne „Wissenstransfer“ : The „Cyborg-Civilization“: KI führt zu einer Symbiose von Mensch und Maschine

Die Verbindung von Mensch und Maschine ist einer der größten Träume der Menschheit. Um die als unzulänglich empfundenen menschlichen Fähigkeiten zu verbessern, wird ein verändertes natürliches Lebewesen erschaffen, das unempfindlicher gegen Verletzungen, stärker, intelligenter ist und die menschliche Existenz tatsächlich verlängert. Die Filmindustrie nutzt dieses Sujet in vielen erfolgreichen Produktionen. Mit den heutigen Technologien stehen wir wohl am Beginn eines neuen Zeitalters, in welchem Mensch und Maschine zu einer bemerkenswerten Symbiose verschmelzen: Zu computerisierten Lebewesen – auch Cyborgs genannt. Fraktale dieses technologischen Lösungsraumes finden auch in der Produktion Eingang, wo wir mehr und mehr Lösungen zur Werker-Assistenz oder zur Mensch-Roboter-Kollaboration sehen. Mit der Entwicklung von Sensor- und Prozessortechnik und der Verkleinerung elektronischer Gadgets hat sich diese Innovation in einem außergewöhnlichen Ausmaß entwickelt.

Die Neuroprothetik schafft heute Möglichkeiten, Patient:innen zu helfen, die ihre Gliedmaßen verloren haben. Exoskelette werden eingesetzt, damit Menschen wieder gehen können. Zentrale Kathodenprozessoren übersetzen die Gedanken des Menschen und wandeln diese in Befehle um. Damit vermögen wir elektronische Geräte und Prozesse auf der ganzen Welt zu steuern. Bisher konnte man sich diese Technologien in Science- Fiction-Filmen ansehen, aber mittlerweile ziehen sie vermehrt in das private und öffentliche Leben ein.

Vorangetrieben werden diese Innovationen vor allem mit dem Kapital großer Technologie-Konzerne wie Google & Co. Dabei stehen neben den mechatronischen Komponenten insbesondere vier Themenschwerpunkte im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten: die Gehirn-Maschine-Schnittstelle (BMI), die erweiterte Realität (XR), das Internet der Dinge (IoT) und die künstliche Intelligenz (KI). Denken wir uns die Visionen und Innovationsschritte vereint in neuen technologischen Lösungen, dann wird die Mensch-Maschine-Verschmelzung wohl bald zur Realität werden. Nicht-technologieaffine Bürger: innen könnten natürlich auf ihre Art feststellen: „ZA WAS BRAUCHEN WIR DENN DES?

Als diplomierter Betriebswirt der Universität Innsbruck und Maschinenbauingenieur kann Hannes Hunschofsky fast 40 Jahre Erfahrung in Führungspositionen bei namhaften Industrieunternehmen im In- und Ausland vorweisen. Die Einbeziehung von Forschung und Lehre sowie die Kooperation mit renommierten Universitäten weltweit gehören seit jeher zu seinem Erfolgsrezept, um die Herausforderungen der Industrie mit neuesten Technologien zu bewältigen. Als Geschäftsführer des EIT Manufacturing CLC East (European Institute of Innovation & Technology) leistet er einen maßgeblichen Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung der globalen Wettbewerbsfähigkeit und der nachhaltigen Produktion für den Industriestandort Europa.

Wie Mensch und Technologie zusammenwachsen

Forum Alpbach

Das EEG ist eine harmlose Methode, bei der Klemmen an der äußeren Schicht des Kopfes angebracht und dadurch die elektrische Bewegung der Neuronen aufgezeichnet werden. Die EEG-Technologie wurde zuerst von einem Deutschen namens Hans Berger entwickelt. Wahrscheinlich hat Spezialist Berger wohl weniger angedacht, dass seine Forschungsarbeit eines Tages in die Lage versetzt, dass die eigenen Gedanken des Menschen für die Steuerung von elektrischen Geräten hergezogen werden können. So wie das EEG für die Funktion eines BMI von Bedeutung ist, wird das IoT helfen, die Verbindung zwischen virtuellen und echten Welten zu realisieren. In Verbindung mit KI, BMI und XR sollte es gelingen, die Wahrnehmungs- und Bewegungseinschränkungen von gehandicapten Personen zu kompensieren; eine großartige Perspektive. Zu hoffen ist dabei, dass wir uns unsere Hoheit über diese Technologien bewahren und die Nutzungsmöglichkeiten des Einzelnen gezielt eingeschränkt werden können. Diese Anwendungsmöglichkeiten wären dann auch die Antwort auf die obige Frage und würde der „gemeinen“ Seele wohl das erstaunte „DES GIBT´S WIRKLICH?“ entlocken, wodurch die ehemalige Fragestellung mit einer neuerlichen reflektiert wird.

Eigentlich müsste die fortfolgende Fragestellung auf eine Information zum technologischen Vermögen der Menschheit, oder vielmehr der investierenden Großkonzerne, heißen: „… und wie stellen wir die ethisch seriöse und verantwortungsvolle Nutzung sicher?“ Spätestens seit Johann Wolfgang von Goethes Zauberlehrling sollten wir wissen, dass ein ausgeprägter Forscherdrang der Menschheit aus Unvernunft, aber oft auch aus Kalkül, nicht immer zu den intendierten Effekten für die Gesellschaft führt. Wollen wird doch die erste Frage, die sich wohl aus dem Hausverstand ableitet, einer intellektuellen Interpretation zuschreiben: Wir tun in unserer Gesellschaft also gut daran, diese Technologien unter einer sehr kritischen Betrachtung zu halten. Weitere Reparaturprojekte, wie den Stopp oder die Umkehr des Klimawandels, sollten wir uns nicht mehr leisten. Glück auf!

Univ.-Prof. DI Dr. Friedrich Bleicher ist gelernter Maschinenbauer und Vorstand des Instituts für Fertigungstechnik und Photonische Technologien an der TU Wien. Die Anforderungen der Industrie kennt er aus leitenden Funktionen für Forschung und Entwicklung in namhaften Unternehmen. Sein Fokus liegt darauf, wissenschaftliche Expertise für die betriebliche Anwendung aufzubereiten, unter anderem in der Pilotfabrik Industrie 4.0 der TU Wien und des Austrian Center for Digital Production.

Über die Kolumne

In „Wissenstransfer“ reflektieren zwei Masterminds der Produktionsszene an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis, wie aktuelle Aufgaben der Automatisierung mit innovativen Technologien und kreativen Zugängen gelöst werden können. Homebase der beiden ist das österreichisch-deutsche Forschungsprojekt EuProGigant: EuProGigant ist das Leitprojekt für GAIA-X im Produktionsumfeld zum Aufbau eines standortübergreifenden, digital vernetzten Produktionsökosystems.