Interview: Sarah Stryeck : Green Data Hub: Wie eine nachhaltige Daten-Service-Ökonomie entstehen soll

Sarah Stryeck

Sarah Stryeck ist Data-Stewardess des "Green Data Hub" der Digital Intelligence Offensive.

- © DIO

Green Data ist ein etwas schwammiger Begriff – was genau kann man sich darunter vorstellen?

Sarah Stryeck:
Green Data sind alle Daten, die sich mit den Themen Energiewende, Mobilitätswende, Klimawandel und Climate Change & Risk Mitigation befassen.

Der Green Hub soll den Transformationsprozess in der Klimastrategie unterstützen. Welches Potenzial sehen Sie für Green Data bei der Mitigation der Klimakrise?

Sarah Stryeck: Daten spielen eine große Rolle. Zum einen, weil Daten es ermöglichen, Prozesse zu optimieren, automatisieren oder effizienter zu gestalten und somit Ressourcen zu sparen. Zum anderen, weil die Arbeit mit Daten selbst einen Einfluss auf die Umwelt hat. Wenn man hier auf Energieeffizienz achtet, hat das einen großen Einfluss auf die Mitigation der Klimakrise.

Immerhin strebt die EU bis 2050 die Emissionsneutralität an. Welchen Anteil an den Emissionen haben Daten heute?

Sarah Stryeck: Daten tragen beträchtlich zu Emissionen bei. Das passiert auf unterschiedliche Weise – durch Datengenerierung (z.B. Sensoren), Speicherressourcen, Rechenzentren, in denen Daten ausgewertet werden. Sogar bei Algorithmen spielt Energieeffizienz eine tragende Rolle.

Bis 2050 soll Europa klimaneutral werden – also keine Treibhausgase mehr entlassen, die nicht anderweitig kompensiert werden. Das soll unter anderem durch die Schaffung einer nachhaltigen Daten-Service-Ökonomie erreicht werden.

- © Europäische Kommission

Sie haben verschiedene Datenräume definiert, in denen die Kooperationen stattfinden sollen. Im Bereich des Klimawandels streben Sie einen digitalen Klimazwilling an. Was können Sie uns dazu erzählen?

Sarah Stryeck: Hier denken wir beispielsweise an einen digitalen Klimazwilling einer Stadt. Man kann Daten von Klimamodellen, Sensornetzwerken, Gebäude- und Verkehrssystemen nutzen, um ein Stadtklima darzustellen. Zusätzlich können von Menschen verursachte Wärmeemissionen in hoher Auflösung dargestellt werden. Dadurch werden Modelle verknüpft, was die Simulation von Szenarien für einzelne Gebäude, Stadtteile, und sogar einer ganzen Stadt ermöglicht. Dadurch können Auswirkungen neuer Technologien auf das lokale Klima, die Luftqualität und die Gesundheit beschrieben werden.

Konkret soll mit Ihrer Unterstützung ein Netzwerk entstehen – wer soll da miteinander vernetzt werden und gibt es schon erste Mitglieder bzw. Use cases?

Sarah Stryeck: Es sollen unterschiedlichste Stakeholder aus den Bereichen Energiewende, Mobilitätswende, Klimawandel und Climate Change & Risk Mitigation vernetzt werden. Dazu zählen unterschiedlichste Unternehmen, aber auch öffentliche Einrichtungen und Forschungszentren. In unserem Green Data Hub gibt es schon eine große Anzahl an Interessenten. Vor allem im Bereich Energie gibt es bereits reges Interesse und Use Cases, die zur effizienteren Energienutzung beitragen werden.

Gaia-X entwickelt meiner Meinung nach klare Prinzipien, die für den organisationsübergreifenden Datenaustausch essentiell sind und den europäischen Werten entsprechen.

Zu den Zielen der europäischen Kommission zählt die digitale Souveränität, das bekannteste Beispiel dafür ist das Projekt Gaia-X, wo es zuletzt zu Kritik an der Beteiligung der globalen Hyperscaler gekommen ist. Das US-Marktforschungsunternehmen Forrester prognostizierte zu Jahresbeginn sogar, Gaia-X wird sich als souveräne europäische Cloud nicht durchsetzen. Wie ist ihre Einschätzung dazu?

Sarah Stryeck: Gaia-X entwickelt meiner Meinung nach klare Prinzipien, die für den organisationsübergreifenden Datenaustausch essentiell sind und den europäischen Werten entsprechen: Datenschutz, Offenheit und Transparenz, Authentizität und Vertrauen, Souveränität und Selbstbestimmtheit, Freier Marktzugang und europäische Wertschöpfung, Modularität und Interoperabilität und Nutzerfreundlichkeit. Außerdem werden technische Architekturen definiert und Lösungen entwickelt. Ich finde das sind bereits wichtige Schritte, um die digitale Souveränität voranzutreiben. Zusätzlich schätze ich den Austausch und die Vernetzung der Stakeholder im Rahmen von Gaia-X als sehr wichtig ein.

Künstliche Intelligenz hat enormes Potenzial – auch in der Bekämpfung der Klimakrise. Laut einer Studie von Schneider Electric könnte man so bis zu 70 Prozent der heutigen Emissionen in der Industrie vermeiden. Welchen Beitrag kann der Standort Österreich hier leisten?

Sarah Stryeck: Genau, künstliche Intelligenz birgt enormes Potential. Auch in Österreich gibt es viele Unternehmen, die Prozesse mit künstlicher Intelligenz optimieren bzw. in diese Richtung denken. Dadurch kann ein enormer Beitrag zur Ressourcenschonung geleistet werden. Bei der künstlichen Intelligenz ist es jedoch auch wichtig diese gezielt und transparent einzusetzen, damit man der Empfehlung der KI auch vertrauen kann.

Unter den Akteuren im Umfeld des Green Data Hubs sind auch die Lösungsanbieter, die die Software bereitstellen sollen. Um wen genau handelt es sich da?

Sarah Stryeck: Softwarelösungen spielen eine zentrale Rolle, um den Aufbau eines Datenökosystems auf technischer Ebene zu ermöglichen. Die Softwarelösung Nexyo, welche organisationsübergreifende Vernetzung auf Datenebene unter Wahrung der Datensouveränität ermöglicht, wurde für die Prototypisierung von Datenkreisen durch das BMK ausgewählt.

Offene Standards sind auch im Bereich der IIoT ein großes Thema. Mit OPC UA wird ein offener Standard für die Kommunikation in der Industrie verfolgt. Wie schätzen Sie den Digitalisierungsgrad in der österreichischen Industrie ein, der für ein Daten-Service-Ökosystem eine große Rolle spielen dürfte?

Sarah Stryeck: Der Digitalisierungsgrad ist sehr unterschiedlich in Unternehmen. Das ist meiner Meinung nach sehr stark von der Unternehmensgröße, sowie der Branche abhängig. Große Unternehmen können es sich in vielen Fällen leisten, eine IT-Abteilung mit einem breiten Serviceangebot aufzubauen, wohingegen kleineren Unternehmen oftmals die Ressourcen dazu fehlen. Trotzdem weisen in manchen Branchen auch bereits KMUs einen hohen Digitalisierungsgrad auf. Wir merken aber, dass es in den Unternehmen ein klares Bestreben gibt, die Digitalisierung voranzutreiben – egal ob die ersten Schritte gesetzt werden, oder die Unternehmen schon einen höheren Digitalisierungsgrad vorweisen können.

Wird Österreich aus heutiger Sicht die Klimaziele 2030 und die Klimaneutralität 2040 schaffen?

Sarah Stryeck: Natürlich hoffen wir das und wir möchten gemeinsam mit unseren Stakeholdern im Green Data Hub unseren Beitrag dazu leisten!