Wasserstoffindustrie : Automatisierungstechnik neu denken

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Das Ziel ist schon einmal klar: Klimaneutralität auf europäischer Ebene bis 2050. Auch klar: dass sich der Weg dorthin nur mit erneuerbarem Strom ebnen lassen wird. Wie dieser gewonnen werden soll, scheint ebenfalls beschlossen – Wasserstoff steht als erneuerbarer Energieträger ganz hoch im Kurs. Grüner Wasserstoff um ganz genau zu sein, denn je nach Produktionsart werden dem eigentlich durchsichtigen Gas unterschiedliche Farbcodes zugeordnet. Dabei wird zwischen grünem, grauem, blauem und türkisem Wasserstoff unterschieden.

Wann ist Wasserstoff klimaneutral?

Grün und somit CO2-neutral ist Wasserstoff dann, wenn er durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt wird und dabei ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt. Grauer Wasserstoff hingegen wird aus fossilen Brennstoffen hergestellt. Meist wird Erdgas unter Hitze in Wasserstoff und CO2 umgewandelt - letzteres aber wieder ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben, was den Treibhauseffekt verstärkt. Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, mit dem Unterschied, dass das entstandene CO2 nicht an die Atmosphäre abgegeben, sondern abgeschieden und gespeichert wird. Türkiser Wasserstoff wird, zu guter Letzt, aus der thermischen Spaltung von Methan gewonnen. Dabei entsteht fester Kohlenstoff, anstelle von CO2. Damit dieses Verfahren CO2-neutral ist, muss sichergestellt sein, dass die Wärmeversorgung des Hochtemperaturreaktors aus erneuerbaren Energiequellen stammt und der Kohlenstoff dauerhaft gebunden bleibt.

Der umweltverträglichste und zukunftssicherste Wasserstoff wird also mittels Elektrolyseure hergestellt. Jetzt braucht es nur noch geeignete Prozesse und Materialien, um die Wasserstoffproduktion zu industrialisieren und auf ihre (Kosten-)Effizienz hin zu optimieren. Hier besteht aber noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Genau dem haben sich Alexander Trattner, Geschäftsführer von HyCentA (Hydrogen Center Austria) und Marc-Simon Löffler, Leiter des Fachgebiets Regenerative Energieträger und Verfahren beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), verschrieben.

Seit Jahrzehnten erprobt

Wasserstofftechnologien sind seit einigen Jahrzehnten im industriellen Bereich im Einsatz, und zwar überall dort, wo Wasserstoff dezentral für Prozesse benötigt wird. Bisweilen ging es dabei aber niemals um Kosten oder Effizienz, sondern lediglich um die Bereitstellung von Wasserstoff. Die Technologie an sich ist also nicht neu. Das ihr zugeschriebene Potential, die Energiewende effektiv voranzutreiben, hingegen schon. Wasserstoff eröffnet die Möglichkeit, „Erneuerbare Energie aus dem Stromsektor in andere Energiesektoren, wie den Wärme- oder Mobilitätssektor, zu transferieren“, erklärt Marc-Simon Löffler vom ZSW. „Klimaneutralität muss erreicht werden, und da ist Wasserstoff oftmals die einzige Möglichkeit, um Erneuerbare aus dem Stromsektor in diese anderen Sektoren zu schieben.“ Als Beispiel nennt Löffler unter anderem den Verkehrssektor: Zwar könne man den PKW-Bereich über batterieelektrische Mobilität aus erneuerbarem Strom abdecken, nicht aber andere Bereiche wie den LKW- oder Flugverkehr – hier würden Batterien nicht ausreichen, oder schlichtweg zu groß oder zu schwer werden, um entsprechende Reichweiten darzustellen. „Um die Mobilität im Schwerlastverkehr trotzdem grün zu bekommen, braucht man einen grünen Kraftstoff“, sagt Löffler. Und der heißt Wasserstoff.

Die Schlüsseltechnologie braucht Automatisierung

Nun muss die Wasserstofftechnologie nur noch flächendeckend in der Industrie eingesetzt werden. Wie dies am besten umgesetzt wird, wird unter anderem bei HyCentA erforscht: „Im Projekt „HyTechonomy“ nehmen wir uns den Schlüsseltechnologie der Wasserstoffwirtschaft an, die für den Ausbau der erneuerbaren Wasserstoffwirtschaft in Zukunft notwendig sein wird“, sagt Alexander Trattner, Geschäftsführer von HyCentA. „Wir betrachten die technologische Forschung dabei auch immer unter dem Aspekt der Industrialisierung. Das heißt wir reflektieren auch die Fertigungs- und Automatisierungstechnik dazu. Das ist aktuell einer der wesentlichen Kostentreiber in der Elektrolyse- und in der Brennstoffzellentechnologie“, erklärt Trattner. Der größte Forschungsbedarf liege momentan in der Kostensenkung, sowohl in Bezug auf die Herstellkosten, als auch die Investitions- und Betriebskosten. Denn Elektrolysetechnologie und Brennstoffzellentechnologie wird heute noch viel in Manufaktur hergestellt. „Entsprechende Anlagen werden eigentlich alle in Manufakturbauweise hergestellt“, so Marc-Simon Löffler. Nun gehe es darum in die automatisierte Serienfertigung zu kommen: „Das betrifft zum einen natürlich das Herzstück einer solchen Anlage, den Elektrolyse-Block.“ Das ist ein Stapel von Zellen, der aus vielen Gleichteilen gestapelt wird – bisweilen oft per Hand. Hier sind also automatisierte Handhabungsprozesse vonnöten. Und „um diese Stacks zu betreiben, braucht es sehr viele Peripherie-Komponenten“, erklärt Löffler und fährt fort: „Das ist sehr viel Standard-Technik, die heute bereits in anderen Einsatzbereichen verwendet wird: zum Beispiel Ventile, Rohrleitungen, Pumpen, Steuerungstechnik, alles Mögliche. Und diese Peripherie macht ungefähr 60 Prozent der Wertschöpfung bei solchen Anlagen aus.“

Chance für die Zulieferindustrie

Löffler sieht hier eine große Chance für die Zuliefer-Industrie, um neue Betätigungsfelder mit ihren bestehenden Produkten zu erschließen: „Die Marktpotentiale sind enorm! Es gibt für sehr vielfältige Industriebereiche Betätigungsmöglichkeiten, von Komponenten-Zulieferern über den Maschinenbau, bis zu Unternehmen, die als Systemintegratoren oder OEMs auftreten.“ Der ZSW engagiert sich im Zuge des Projekts „Elektrolyse made in Badem-Württemberg“ dafür, Unternehmen den Weg in die Wasserstoffwirtschaft zu erleichtern. Dazu „zeigen wir den Unternehmen, was in solchen Anlagen verbaut ist und welche spezifischen Anforderungen es an die einzelnen Baugruppen gibt - was müssen die Komponenten können? Die Unternehmen können dann bewerten, ob sie sich mit ihren bestehenden Produkten am Markthochlauf beteiligen können, oder ob sie etwas adaptieren, bzw. neu entwickeln müssen. So lernen die Unternehmen die Technologie und die Potentiale besser einzuordnen“, erläutert Löffler. Dies wird in einem sogenannten Industriedialog abgeklärt.

Standardtechnik und Prozesse neu gedacht

Die benötigten Technologien sind also meist bereits ausreichend hochentwickelt für den Einsatz in der Wasserstoffindustrie, aber „diese Dinge sind nicht spezifisch für die Brennstoffzelle und auch nicht für die Elektrolyse entwickelt worden“, sagt Trattner. „Das heißt die Basis ist da, also das Know-how der Fertigungsindustrie und der Automatisierungstechnik, aber es gehört erst in diesen Sektor der Brennstoffzellen und der Elektrolyse hineingebracht.“ Man müsse ganze Fertigungslinien sowie Lieferketten komplett neu denken und bestehendes Know-how aus anderen Märkten transferieren. Auch Trattner sieht hier daher eine „einzigartige Marktchance für Technologie-Lieferanten und Komponentenhersteller“.

Gesamtanlagen virtuell durchtesten

Um Gesamtanlagen virtuell nachzubilden und so Betriebsstrategien und Betriebsweisen zur Einkopplung von Erneuerbaren vorab optimieren zu können, kommt beim Projekt HyTechonomy auch ein virtueller Zwilling zum Einsatz, wie Alexander Trattner ausführt: „Wir haben eine Simulationsplattform namens Hydra entwickelt. Sie dient dazu gesamte Anlagenparks von Wasserstoff in der Simulation zu betrachten. Das reicht von Elektrolyse, Speichersystemen, der Verrohrung, der Ventiltechnik, bis zur Industrieanlage, die daran geschalten ist.“ All dies ist mit einem mathematischen Optimierungsprogramm verbunden. Dieses kann verschiedene Varianten durchrechnen, „um das Optimum der idealen Anlagentopologie zu finden, damit die Anlage auch in Hinblick auf Zuverlässigkeit und Sicherheit vorab virtuell geprüft werden kann“, sagt Trattner.

Ist Wasserstoff gefährlicher als andere Energieträger?

Im Zusammenhang mit der Industrialisierung von Wasserstoff wird immer wieder von Sicherheitsbedenken gesprochen. Alexander Trattner kann diese Meinung aber nicht teilen: „Wasserstoff wird bereits in der Industrie verwendet, wir wissen also schon seit Jahrzehnten, wie man sicher mit Wasserstoff umgeht und großtechnisch in der Industrie einsetzt. Das ist also gar nichts neues. Wir wissen, welche Materialien wir einsetzen müssen, wo Versprödungen auftreten und wie man diese vermeiden kann, z.B. durch den Einsatz bestimmter Stähle und Kunststoffe.“ Trattner zieht den Vergleich mit anderen Energieträgern, wie Erdgas, Benzin, Diesel, oder Strom. Man müsse auch hier die richtigen Sicherheitsmaßnahmen treffen, wie Explosions- und Brandschutz, Überwachung, Dichtheitsprüfungen sowie die Durchführung von regelmäßigen Kontrollen. „Ich versteh es schon, so ist der Mensch“, sagt Trattner. „Wenn etwas neu ist und er etwas nicht kennt, neigt er zur Skepsis und stellt sich Fragen zur Sicherheit. Aber man kann in Summe sagen, dass es mit Wasserstoff diesbezüglich gleich ist, wie mit allen anderen Energieträgern auch.“

Die Klimawende bewältigen

Wirklich wichtig sei, dass Technologien etabliert werden, die es schaffen Erneuerbare ins Energiesystem zu integrieren und diese gleichzeitig zu speichern, um damit ganzjährig grüne Energie sicherstellen. „Es geht um gesamtheitliche Lösungen und hier ist Wasserstoff, zusätzlich zu anderen erneuerbaren Energieträgern, sicherlich ein Schlüssel“, so Trattner. Letztendlich hätten wir nur drei Strategien, um die Herausforderungen der Klimawende bewältigen zu können, sind sich die Experten einig. Das sind zum einen der Ausbau der Erneuerbaren Energie, also der Wechsel von fossile auf erneuerbare Energieträger und der Einsatz von effizienteren Technologien. Zum anderen ist es die Änderung unseres Nutzungsverhaltens. „Hier spricht man von Suffizienz, das heißt wir müssten weniger verbrauchen“, sagt Trattner. „Aber die Menschen zu ändern, seh‘ ich doch als sehr schwierig.“

Über HyCentA (Hydrogen Center Austria)

Die HyCentA Research GmbH ist das einzige österreichische Forschungszentrum für Wasserstoff und fördert die Nutzung von Wasserstoff als regenerativem Energieträger. Neben der TU Graz als Hauptgesellschafterin sind die FVT (Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik), Magna Steyr Engineering und die OMV Partner der Forschungseinrichtung

Über das ZSW (Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg)

Das ZSW erforscht und entwickelt erneuerbare Energieträger, Batterieund Brennstoffzellentechnologien und erstellt ökonomische Analysen von Energiesystemen. Derzeit sind dort etwa 300 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt.