Kolumne „Wissenstransfer“ : Die Automatisierung, die Robotik: Das fast schon Göttliche!
„In Japanese culture, there is a belief that God is everywhere – in mountains, trees, rocks, even in our sympathy for robots or Hello Kitty toys.“Ryuichi Sakamoto
Der edle Mensch sei hülfreich und gut! Unermüdet schaff ’ er das Nützliche, Rechte, sei uns ein Vorbild jener geahneten Wesen!“ Johann Wolfgang von Goethe thematisiert in „Das Göttliche“ das erfinderische und moralische Verhalten des Menschen. Dieses unterscheidet ihn von anderen Lebewesen. Zweifelsfrei hat es schon etwas Göttliches auf sich mit der Automatisierung, wenn man als Techniker das Materielle beherrschen kann. Wenn man Robotern zusieht, wie diese ohne menschliches Zutun in der Produktion arbeiten, könnte man diesem philosophischen Zugang verfallen (solange keine profane Störung auftritt).
Der Mensch kann also etwas erschaffen; etwas Wertschöpfendes, Nützliches; etwas, das was wir aktivieren, kontrollieren und dann unsere Aufgaben selbstständig verrichten lassen. Und ganz spannend: das nicht meckert, nicht in den Urlaub geht, nicht krank wird, keine KV-Verhandlungen führt, einfach nur seine Aufgabe erfüllt. Diesem faszinierenden Gedanken ist man schon in der Antike erlegen, man denke etwa an die automatischen Theater und Musikmaschinen, erdacht durch Heron von Alexandria. Der Ursprung des Wortes Roboter geht auf das altkirchenslawische Wort „rabota“ zurück, welches mit „Knechtschaft“ übersetzt werden kann. Im Spätmittelhochdeutschen wurden Arbeiter im Frondienst als „robatter“ bezeichnet. Der Begriff zeigt also die Mission; er beschreibt sehr gut, dass wir die Arbeit am Fließband oder die einfachen, repetitiven Tätigkeiten auf den maschinellen Fron-Diener übertragen.
Wie stehen wir mit der Automatisierung in Österreich? Die Anzahl der eingesetzten Roboter pro Bevölkerungsanteil (10.000 Einwohner) ist eine gängige Kennzahl zur Bemessung des nationalen Automatisierungsgrades. Diese Kennzahl dient auch zu Vergleichszwecken industrialisierter Volkswirtschaften. Waren es in Österreich in 2019 noch 196, so liegt diese Kennzahl Ende 2020 bei 205 Robotern je 10.000 Einwohnern (weltweit bedeutet dies Platz 14). Unser nationaler Automatisierungsgrad „wächst“ also. Unter Berücksichtigung der Gesamtpopulation errechnen sich dann fast 186.000 Roboter, die in Österreich bereits ihren Dienst verrichten. Wir entwickeln uns in der Alpenrepublik allerdings unterdurchschnittlich, bezogen auf die globale Entwicklung.
In Deutschland, die führende Nation Europas bezüglich dieser Kennzahl, lag der Faktor im Jahr 2020 vergleichsweise bei 371 (weltweit Nr. 4; Südkorea 932, Singapur 605, Japan 390) und global durchschnittlich bei 126 Einheiten. Die jährliche Produktion an Industrierobotern ist weltweit mittlerweile auf 593.000 Einheiten in 2023 gestiegen, und diese Steigerung soll sich laut Prognose weiter fortsetzen. 2026 erreicht die weltweite Roboterproduktion den Schätzungen nach über 718.000 Einheiten. Für Österreich ergeben sich ambitionierte Ziele, wenn man den bisherigen Status als Nr. 14 der Weltrangliste bei der relativen Roboterdichte halten möchte. Die Kennzahl für Österreich wäre dann ca. 250 Einheiten pro 10.000 Einwohner, für ganz Österreich damit rund 225.000 Roboter; fast 40.000 Roboter, die wir in den nächsten drei Jahren in Österreich installieren müssten. Diese Mission ist gezielt anzugehen, wenn wir international wettbewerbsfähig aufgestellt sein wollen! Wir werden uns also künftig in der Produktion mehr und mehr der Automatisierung bedienen. Die Robotik wird die Wertschöpfungsketten zunehmend durchdringen. Was heißt das statistisch? Die Statistik Austria weist mit Jänner 2023 31.261 Unternehmen im Sachgüterbereich, Herstellung von Waren, aus. Damit würde jedes produzierende Unternehmen in den kommenden drei Jahren durchschnittlich mindestens einen Roboter in Betrieb nehmen.
Tu felix Austria … Dass dieser Weg auch eine unabdingbare wirtschaftliche Notwendigkeit mit großen Potenzialen darstellt, sollte uns mittlerweile gegenwärtig sein. Ein Beispiel: Jenes Unternehmen mit der weltweit höchsten Anzahl von im Einsatz befindlichen Robotern an einem Standort weist einen Umsatz pro Mitarbeiter – man lese und staune – von 1 Mio. Euro auf. Diesen mit gelungener Automatisierung erarbeiteten Wettbewerbsvorteil in unternehmerische Ergebnisse umzusetzen, kann man schon mit „Gelddruckerei“ überschreiben. Für eine Wirtschaft mit sehr hohen Personalkosten zeichnet dieses Beispiel die Perspektive und den Weg auf, wohin die nähere Zukunft in der Produktion führen muss.
In Österreich verfügen wir von der Ausbildung bis hin zu Technologieunternehmen über ausreichende Kompetenzen, diesen Weg zu beschreiten. Bei unserer nationalen Unternehmensstruktur mit wenig Großserienproduktionen und vielen kleinen Einzel- und Kleinserienproduktionen sollte man diese Innovationskraft auch und vor allem in die Automatisierung der Rüstvorgänge setzen. Wir sollten also dem eingangs gezeichneten Bild des „Göttlichen“ nacheifern, um die Zukunftsperspektive einer prosperierenden Volkswirtschaft zu heben. Dies geht allerdings auch mit einem Wandel etablierter Berufsbilder einher. Der Werker an der Maschine wird zum Anlagenbetreuer; vielleicht sprechen wir dann auch schon bald einmal in der Produktion von den „Göttern in Blau“.