Interview: Christian Sojka : „Das übergeordnete Ziel ist die Wettbewerbsfähigkeit“
Christian Sojka liegt mit seinem Unternehmen Sojka Automation also voll im Trend. Mit seiner Automatisierungszelle ISAC schaffte er es unter die Top 3 des Thüringer Innovationspreises. Von Low-Cost bis zu hochkomplexen Individuellen Produktionssystemen – Sojka bietet mit seinem modularen Baukasten vor allem Kunden aus dem Mittelstand einen niedrigschwelligen, kosten- und zeitoptimierten Einstieg in die Automatisierung.
Mit der Low-Cost-Automation bieten Sie eine kostengünstigere Einstiegsmöglichkeit an – welche Projekte können damit realisiert werden und welche Anforderungen muss ein Unternehmen für den Einstieg in die Robotik erfüllen?
Christian Sojka: Mit Low-Cost Automationen lassen sich eine Vielzahl von oft monotonen, ermüdenden und wenig wertschöpfenden Tätigkeiten ersetzen. Dies trifft zum Beispiel zu auf End-of-Line Automationen wie Palettieren, einfache Handlingaufgaben oder Semiautomationen, bei der händisch eingelegt wird und die Montage automatisch läuft. Unsere Anlagen in diesem Bereich übernehmen auch einfachste Prüf- und Sortieraufgaben, bei der nach Größe, Form und Farbe unterschieden wird. Unternehmen, die in die Robotik einsteigen möchten, sollten eine grundlegende Technologieoffenheit mitbringen und keine Vorbehalte hegen.
Ihre ISAC-Automatisierungszellen haben Ihnen unlängst den Thüringer Innovationspreis eingebracht. Es gibt vorkonfigurierte Zellen für unterschiedliche Aufgaben - von Montage über Pick & Place bis hin zu MRK-Anwendungen. Wie läuft die Integration einer solchen Zelle in einem Unternehmen ab und inwieweit sind die Systeme individualisierbar?
Sojka: Den grundsätzlichen Ablauf über Lastenheft, Analysen und Konzeptionen bis hin zur Inbetriebnahme beim Kunde haben wir an einigen Stellen erweitert und an anderen wieder abgekürzt. Durch die hohe Modularität und Standardisierung, versuchen wir den punktuellen Konstruktionsaufwand gering zu halten. Dafür bieten wir zur Absicherung unserer Kunden u. a. Machbarkeiten oder VR-Erlebnisse, noch vor Auslieferung der Maschinen, an. Zur Integration gehört für uns auch, über unsere Sojka Academy Schulungen für Bediener anzubieten, sei es in der Academy oder direkt vor Ort beim Kunde. Mit unseren vorkonfigurierten Modellen verhält es sich ähnlich wie mit Ausstattungsvarianten im Automobilbau. Wir geben Kunden eine möglichst konkrete Idee, was mit unseren ISAC-Zellen möglich ist. Für Unternehmen ohne Berührungspunkte mit Automationstechnik ist das oftmals eine hilfreiche Stütze und ein bildhafter Einstieg.
Die Kosten für einen kompletten ISAC belaufen sich auf zwischen 40.000 € und 250.000 €. Wovon hängt der tatsächliche Endpreis für den Kunden ab?
Sojka: Ausschlaggebend für den Endpreis ist zunächst das gewählte Modul, da hier Größenunterschiede durchaus eine Rolle spielen. Noch größer ist aber der Einfluss des zu automatisierenden Prozesses und damit, welche Aktoren verbaut werden müssen. Ob wir größtenteils auf die, in unserem Baukasten vorhandenen, vorkonfigurierten Elemente zurückgreifen können oder individuelle Lösungen erforderlich sind, spielt ebenso eine Rolle. Nicht zuletzt berücksichtigen wir bei der Angebotslegung auch weitere Rahmenbedingungen, ob z. B. Softwareschnittstellen und eine dementsprechende Einbindung in übergeordnete Leitsysteme erforderlich sind. Kombinieren wir mehrere ISAC, um komplexere Prozesse abbilden zu können, und bauen bspw. eine Fertigungslinie auf, liegen die Preise natürlich über den genannten Summen.
Roboter wecken aber auch Vorbehalte. Zum Beispiel, wie viele Arbeitsplätze durch die Entwicklung überflüssig werden. Wie sind da Ihre bisherigen Erfahrungswerte in der Zusammenarbeit mit den Unternehmen, die andererseits auch mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben?
Sojka: Selbstredend gibt es hier Ängste – vor allem auf Mitarbeiterseite – diese resultieren jedoch sehr häufig aus fehlendem Einblick in die Notwendigkeit der Automation und einer nicht erfolgten Aufklärung. Arbeitsplätze abzubauen ist, nach unserer Erfahrung, nie das Ziel, vielmehr geht es darum, Mitarbeiter für wertschöpfendere Tätigkeiten frei zu machen oder von monotonen Aufgaben zu entlasten. Oder, es findet sich schlichtweg niemand, um diese Aufgaben zu übernehmen. Das übergeordnete Ziel einer höheren Wettbewerbsfähigkeit sichert in den automatisierenden Unternehmen langfristig Arbeitsplätze. Mit diesem Wissen können Ängste abgebaut werden.
Die rasant fortschreitende Digitalisierung eröffnet eine Vielzahl an Möglichkeiten, die in ihrem Firmeneigenen Versuchslabor - dem Technikum - getestet werden. Welche Innovationen sehen Sie im Bereich der modularen Automatisierung in Zukunft auf uns zukommen?
Sojka: Schon heute sind unsere Systeme so flexibel und intuitiv, dass unsere Kunden selbständig die Anlagen für veränderte Prozesse und Anforderungen adaptieren können. Hier werden wir noch mehr Softwaremodule und Systemlösungen liefern, um auf Kundenseite die Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit weiter zu steigern. Denn in der Flexibilität sehen wir zukünftig einen großen Treiber und Hebel. Innovationssprünge erwarten wir vor allem aus der Kombination der Kompetenzfelder Robotik, Software und Bildverarbeitung, Bereiche, in denen wir über umfassende Expertise verfügen. Um diese gezielt weiterzuentwickeln, kooperieren wir mit anderen führenden Herstellern. Beispielsweise erfolgt in Zusammenarbeit mit Wandelbots die Produktentwicklung auf Basis von No-Code-Robotik, die zu einer weiteren Absenkung von Einstiegshürden und noch leichter zu bedienenden Anlagen führen wird. Ganz sicher ist, dass durch die größere Standardisierung und Modularität in Verbindung mit Digitalisierung weitere Möglichkeiten wie Konfiguratoren, virtuelle Inbetriebnahmen und zusätzliche digitale Servicelevel entstehen.