IMA Ingenieurbüro : Digitalisierung im Maschinen- und Anlagenbau: Vom Zeichenbrett über CAD zu Cobots und Künstlicher Intelligenz

IMA war immer technisch vorne, sagt Gründer Matthias Mayer: Das Ingenieurbüro für Maschinen- und Anlagenbau war nach der Gründung in den 1980ern unter den ersten, die ein eigenes Faxgerät besaßen. Diese Technikaffinität, die Bereitschaft neue Technologien auch unternehmerisch einzusetzen, begleitet IMA seit Beginn. Nun hat sich das Unternehmen in einem monatelangen Marken- und Positionierungsprozess neu aufgestellt, um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden. Im AUTlook-Gespräch geben sie eine klare Prognose, was der nächste technische Meilenstein sein wird, rekapitulieren die Geschichte des Ingenieurbüros und erklären, in welchem Marktsegment das stärkste Wachstum zu erwarten ist.

Herr Mayer, zur Geschichte der IMA: Was stand am Anfang? Was hatten Sie als Gründer für eine Vision für das Unternehmen?

Matthias Mayer: Ich war nach der HTL-Matura ab 1981 selbst in einem Ingenieurbüro tätig und habe dort als überlassener Konstrukteur für die Voest gearbeitet. Nach einer gewissen Zeit habe ich mir gedacht „das kann ich selber auch!“ IMA war am Anfang eine richtige „Garagenfirma“, in der Mansarde meines Elternhauses begann meine Selbstständigkeit.

Auf welche Art von Projekten haben Sie sich konzentriert, dass sich der Erfolg so rasch eingestellt hat?

Mayer: Wir waren ein klassisches Ingenieurbüro und haben externe Leistungen ebenso wie Pauschalleistungen angeboten. Aufgrund der Qualifikation und Erfahrung unserer Mitarbeiter konzentrierten wir uns auf den klassischen Anlagenbau, wodurch die Voest Alpine Industrieanlagenbau unser Hauptkunde wurde, und wir bald zu den drei führenden externen Engineering-Dienstleistern der VAI zählten. Daher ging das Wachstum sehr rasch, wir hatten Büros in Wien sowie in Wilhelmsburg. Ende der 1980er übersiedelten wir mit unserem Firmensitz nach Pasching.

Hat sich das Geschäftsmodell grundsätzlich von dem heutigen unterschieden?

Mayer: Das war sehr ähnlich wie heute. Der Bedarf an Technikern war und ist groß, sehr viel wird davon mit externen Dienstleistern abgedeckt. In meinem ersten Job als überlassener Konstrukteur bei der VAI waren wir 22 Techniker in einem Büro: Davon 2 Voest-Angestellte und 20 externe. Der Boom bei der Nachfrage nach Leasingpersonal ist nichts neues, nur war es damals eben leichter Personal zu rekrutieren als heute. Wir hatten als Ingenieurbüro außerdem den Vorteile gegenüber der Industrie, dass wir den Kandidaten wesentlich attraktivere und abwechslungsreichere Tätigkeiten bieten konnten.

Was hat sich über die Jahre am stärksten geändert?

Mayer: Ganz eindeutig die technischen Arbeitsmittel. Wir haben am Anfang alles am Brett gezeichnet. Bei der Arbeit am Zeichenbrett war die Rasierklinge unser wichtigstes Werkzeug. Aber wir waren als IMA immer Vorreiter beim Einsatz neuer Technologien. Schon kurz nach Beginn hatten Faxgeräte installiert, damit waren wir sogar unter den ersten drei Unternehmen in Traun, die überhaupt ein Fax hatten! Dann kam der erste Computer von IBM, der 120.000 Schilling gekostet hat, und bereits Anfang der 90er sind wir mit sechs 2D-CAD-Stationen in die CAD-Technologie eingestiegen.

Beim Einsatz von neuen Technologien soll man besser der Zweite sein als der Erste, heißt es. Weil man die teuren Fehler des Ersten vermeidet, aber trotzdem noch vor allen anderen ist …

Mayer: Da ist was dran. Aber man sollte auf keinen Fall erst der Fünfte sein, das ist zu spät. Ich bin sehr technik-affin, mir ist es wichtig von Anfang an dabei zu sein. Die Mehrinvestition zu Beginn rechnet sich sicher, um die "Nasenlänge" dem Mitbewerb an Erfahrung voraus zu sein. Aktuell arbeiten wir bereits bei Cobot- und KI-Projekten mit, um meine technischen Visionen weiterentwickeln zu können.

Was waren für Sie die größten Veränderungsschritte, die technischen Meilensteine auf dem Weg vom Zeichenbrett mit Rasierklinge zum digitalisierten Dienstleister von heute?

Mayer: Für uns als Ingenieurbüro war es eindeutig die Integration der CAD-Technologie. Davor sind wir jahrzehntelang unverändert am Zeichenbrett gesessen, da war der Schritt zu CAD ein echter Meilenstein. Dabei wussten wir zu Beginn nicht wo die Reise hingeht. Es gab damals fünf bis zehn CAD-Anbieter, man musste Glück haben um aufs richtige Pferd zu setzen. Das Schlüsselerlebnis war für mich die Skepsis jener Personen, die zweifelten ob sich nach 2D auch die 3D-Technologie durchsetzen würde – und innerhalb kürzester Zeit war das Usus.

Was wird ihrer Einschätzung nach der nächste Meilenstein?

Mayer: Künstliche Intelligenz. Für mich ist ganz klar, das wird der nächste Meilenstein der die Branche verändert.

Wir sitzen auch deshalb zusammen, weil Sie als IMA eine Repositionierung vollzogen haben. Sie bezeichnen sich jetzt als „Entwicklungsdienstleister für Maschinen- und Anlagenbau“ – was ist der Unterschied zum Ingenieurbüro von vorher?

Mayer: Die treibende Kraft dabei war Gerhard Burgstaller, er ist seit zwei Jahren als Co-Geschäftsführer im Unternehmen und hat frischen Wind hereingebracht. Unser altes Bild war einfach auch schon verstaubt, wir mussten uns neu aufstellen.

Gerhard Burgstaller: Wir beobachten, dass Mechatronik und Digitalisierung boomen. Diese Kompetenzbereiche haben wir nicht nur in der Darstellung nach außen, sondern auch nach innen erweitert. Hier ist das größte Wachstum zu erwarten. Daher gehen bei der Repositionierung der Markenauftritt und die interne Neuaufstellung Hand-in-Hand.

Haben Sie dabei externe Beratung in Anspruch genommen – dafür gibt es in manchen Fällen ja sogar Förderungen –, oder haben Sie diesen Prozess ausschließlich intern vorangetrieben?

Mayer: Wir haben keine Förderungen in Anspruch genommen, sondern das neue Profil ausschließlich in den eigenen Reihen entwickelt. Die konzeptionelle und grafische Gestaltung unseren neuen Markenauftritts wurde gemeinsam mit einer externen Werbeagentur umgesetzt.

Sie haben jetzt sechs Tätigkeitsfelder definiert, in denen Sie Leistungen anbieten: Mechanical Engineering, Electrical Engineering, Automation & Robotic, HSE-Management, Industrial IT und Technische Visualisierung – wo sind die Veränderungen am stärksten spürbar?

Burgstaller: Wir zeigen damit, dass wir ein Full-Range-Anbieter sind und alles aus einer Hand liefern. Der Markt erfordert das immer mehr. Die Hälfte der sechs Kompetenzfelder gab es in dieser Form schon, mit klassischem Mechanical Engineering hat IMA gestartet. Auch beim HSE-Management und dem ganzen Thema Maschinensicherheit war das Unternehmen unter den ersten überhaupt, ebenso bei Automation & Robotic. Hier wird die Nachfrage auch gleichbleiben wie bisher. Die Wachstumsfelder sind Electrical Engineering, Industrial IT und Technische Visualisierung.

Warum halten Sie das für nötig? Sind das nicht ohnehin Kompetenzen, die Ingenieurbüros generell zugeschrieben werden?

Mayer: Ich war selbst selbst jahrelang Fachgruppenobmann-Stellvertreter der Ingenieurbüros in Oberösterreich und kann sagen, dass die Außenwahrnehmung unseres Berufszweigs verbesserungsbedürftig ist. Unserer Leistung fehlt es generell an Sichtbarkeit. Es ist zu wenig bekannt welchen Leistungsumfang wir eigentlich anbieten. Wir sind in der Vergangenheit damit ganz gut zu recht gekommen, und das wird auch in Zukunft nicht anders sein. Ingenieurbüros arbeiten meist eng, kontinuierlich und langfristig mit Partnern zusammen, was uns stark macht. Dass wir aber auch neue Kompetenzen entwickeln und in anderen Tätigkeitsfeldern Know-how anbieten, wird leider recht wenig wahrgenommen. Als IMA kommunizieren wir das jetzt aktiv!

Kommen wir zum Fachkräfte-Thema. Ich nehme an Sie spüren den Fachkräfte-Mangel ebenfalls. Wie bauen Sie hier vor?

Burgstaller: Neben dem klassischen Recruiting setzen wir vor allem auf interne Qualifizierung, zum Beispiel auf „training on the job“-Programme in einem eigenen, internen Kompetenzzentrum.

Wie kann ich mir bei einem Ingenieurbüro ein internes Kompetenzzentrum vorstellen

Burgstaller: Das Recruiting läuft wie gesagt klassisch ab, durch Kooperation mit den Ausbildungsstätten und auch mit dem AMS. Wenn dann ein HTL-Absolvent bei uns beginnt, hat er noch keine Praxis. Unsere Kunden fordern aber Mitarbeiter mit Erfahrung in bestimmten Bereichen oder mit bestimmten Programmen wie einzelnen CAD-Systemen oder kundenspezifischen Engineering-Programmen. Im IMA-Competence Center können wir Bewerber mit gezielter Weiterbildung in kurzer Zeit qualifizieren und als Fachkräfte zum Kunden schicken. Diese Möglichkeit ist aber auch vor allem ideal für Frauen, die den Schritt in die Technik wagen möchten.

Mayer: Ich möchte hier unsere sehr guten Erfahrungen mit dem AMS hervorheben. Über 50 Prozent der angebotenen Stellen können durch die Zusammenarbeit mit dem AMS besetzt werden. Der große Unterschied zu früher ist, dass sich die Bewerber heute ihren neuen Arbeitgeber aussuchen können. Einer unserer Bewerber als Inbetriebnahme-Techniker hat in zwei Tagen 45 Angebote von Firmen bekommen als er sich via AMS angeboten hat. Das ist ein wesentliches Thema. Es wird künftig noch viel größer werden wird als es jetzt schon ist.

Das ist auch ein weites Feld für die Angebotspalette der Branche. Automatisierung und Robotik wird schon alleine wegen des Personalmangels eine Notwendigkeit werden. In welche Richtung entwickelt sich da die Nachfrage?

Mayer: Für Automation & Robotics steigt die Nachfrage bei einfachen Handling-Arbeiten. Verpackung, Einlegehandgriffe, Maschinenhandling – hier wird versucht, Hilfstätigkeiten mit Automatisierungsschritten zu lösen und die wenigen Arbeitskräfte, die es noch gibt, für anspruchsvollere Tätigkeiten zu qualifizieren. Es geht alles in Richtung Höherqualifizierung. Vor allem Jüngere sind nicht mehr darauf aus, einen sicheren Job und guten Verdienst zu haben, die wollen eine interessante, erfüllende Tätigkeit und möglichst viel Freizeit. Dieser Trend zu Work-Life-Balance, da hat sich eindeutig etwas verändert.

Burgstaller: Wir sind in einer neuen Epoche der Industrialisierung angekommen. Früher nahmen uns die Maschinen Arbeitsplätze weg, jetzt sind sie willkommen, weil sie Arbeitsplätze sichern.

Sie haben Künstliche Intelligenz als nächsten Meilenstein bezeichnet. Wo sehen Sie die größten Potenziale für KI?

Mayer: Die Grenzen beim Einsatz von KI sind noch nicht vorstellbar. Das Thema wird sein, wie ich die zur Verfügung stehenden Daten fokussiert einsetzen kann. Ein Beispiel ist etwa die Maschinensicherheit, wo es ganz viele Ansatzpunkte gibt. Die automatische Überwachung von Prozessen ebenso wie predictive maintenance, um Sicherheit und Verfügbarkeit sicherzustellen. Aber auch schon in der Konstruktion, wenn es darum geht Bauteile störungs- und wartungsfreier zu konstruieren. Diese Themen entwickeln sich enorm schnell weiter.

Derzeit bedeutet KI aber, dass Algorithmen zugekauft werden, deren Funktionsweise man auch nicht ganz versteht. Damit geht auch Kernkompetenz im Maschinen- und Anlagenbau verloren, oder?

Mayer: Um sich hier wirklich weiterzuentwickeln, muss man sich richtig reinarbeiten. Es ist notwendig, dass wir persönlich verstehen, was in den Algorithmen passiert, um diese richtig einsetzen zu können. Ja, zu Beginn sind das zugekaufte Bausteine, einzelne Softwarepakete. Aber ich bin davon überzeugt, wenn man sich in dieser Branche weiterentwickeln will, müssen in den eigenen Reihen die Mitarbeiter agieren und Lösungen erarbeiten. Wir arbeiten eng mit TAT zusammen, dort gibt es schon die entsprechenden Leute. Und wir bei IMA haben schon begonnen, mit Mitarbeitern das Know-how aufzubauen, um eigene KI-Kompetenzen als Dienstleistung anbieten zu können.

Sind das derzeit noch einzelne Projekte, oder fragen die Kunden schon gezielt nach Unterstützung bei KI-Projekten?

Mayer: Was sich verändert ist die Erwartungshaltung des Kunden. Es geht nicht mehr darum, die einzelnen Komponenten so billig wie möglich zu bekommen. Gefragt sind zunehmend stimmige Gesamtpakete, wo vom reinen Engeneering über den Zukauf externen Baugruppen mit optimaler Schnittstellengestaltung bis zum HSE-Konzept sowie der Ausarbeitung von CE-Konformitätserklärungen alles zusammenpassen muss.

Burgstaller: Daher auch die Entwicklung der IMA vom Ingenieurbüro zum Entwicklungsdienstleister! Es ist zunehmend eine Notwendigkeit, dass wir unsere Kunden da umfassend unterstützen. Das beinhaltet auch Rechtssicherheit bei der Projektabwicklung, gerade beim KI-Einsatz, und die Digitalisierung von Arbeitsabläufen entsprechend den jeweiligen Geschäftsprozessen.