HMI-Vorzeigeprojekt : Völlig neue Wege bei der Maschinenbedienung
Genug Freiraum, die eigenen Features optimal darzustellen und eigene Masken und Layouts zu entwickeln, eine Lösung, die aus einer Hand kommt, eine Innnovation, mit der man sich vom klassischen Standard abhebt. Das war der Rahmen für die Entwicklung eines künftigen HMI bei SW. Das Unternehmen wollte die gesamte Maschinenbedienung „unter Glas“ bringen. Nicht als Vision – sondern als Wettbewerbsvorteil.
Der Umstieg bzw. Trend weg von Verbrenner- Motoren in Richtung E-Antriebe ist für SW durchweg positiv. Da das Unternehmen kaum Kunden hat, die reine Motorenteile produzieren, kann es beide Bereiche sehr gut abdecken. Der Trend hin zu E-Mobility hat das Geschäft von SW beflügelt – die größten Neukunden sind diesem Segment zuzuordnen. Das Unternehmen erzielt seinen Umsatz zu einem Großteil mit Aufträgen aus dem Automotive-Umfeld mit Fokus auf PKW und verbucht seit einigen Jahren ein jährliches Wachstum von mehr als 20%.
Echte Innovation, die uns vom Markt abhebt
„Wir wollten bezüglich Maschinenbedienung ganz neue Wege gehen, auch unter der Prämisse, dass es Gegenwind von manchen Anwendern geben könnte. Das, was wir vorhatten, war ein echter Bruch: Wir wollten die gesamte Bedienung unter Glas bringen“, erzählt Peter Siegel, Projektleiter Entwicklung, auf die Frage nach dem Start der Zusammenarbeit mit KEBA. Es folgte eine intensive Marktrecherche, was State of the Art war und welche Anbieter welche Technologien im Portfolio hatten oder gerade entwickelten. Bestehende Lieferanten überzeugten nicht. Die Latte lag besonders hoch. Siegel: „Beim bestehenden Lieferanten hätten wir nicht entwickeln, sondern nur projektieren können, sprich, in ihrem Framework lediglich die verfügbare Funktionalität nutzen, welche leider die Usability sehr eingeschränkt hätte.“ Um diese nachzubilden, wäre eine aufwendige OEM-Programmierung erforderlich geworden, was die Steuerungsressourcen unberechenbar beeinflusst hätte. Siegel weiter: „Erfahrung bzgl. Touch-Anwendungen im Schmutzbereich war ebenfalls eine Grundvoraussetzung für SW, welche KEBA bereits bei anderen Projekten erfolgreich sammeln konnte.“
Moritz Ragg, Teamlead User Interface Development bei SW: „KEBA hatte eine konkrete Vorstellung und auch das bessere Konzept. Unser Ziel: möglichst viel in Software abzubilden, damit wir auf den Kunden möglichst flexibel reagieren und ihn so bei der Bedienung unterstützen können, indem bspw. in der jeweiligen Bediensituation nicht benötigte Inhalte ausgeblendet werden, natürlich unter Einhaltung der normativen Vorgaben.“
Überzeugend: KeWheel und Force Feedback
Ausschlaggebend bei der Entscheidung waren das KEBA KeWheel und der Force-Feedback- Ansatz. Beim KEBA KeWheel handelt es sich um einen volladaptiven Dreh-Drückknopf als zentrales Bedienelement. Mit dem KeWheel lassen sich Overrides, Handräder, Betriebsartenwahlschalter, Achsverfahrtasten und User-Interface-Eingabemöglichkeiten in einem Gerät vereinen. Das KeWheel lässt den Bediener über ein breites Spektrum an haptischem Feedback zusätzliche Information über den Maschinenzustand erfühlen. Siegel: „Als wir das KeWheel sahen, wussten wir: Das ist genau das, was wir brauchen, ein echtes Alleinstellungsmerkmal – das es in dieser Funktionalität am Markt noch nirgends gibt.“
Das Force Feedback half dem Maschinenbauer bei der Herausforderung, alles unter Glas zu bringen, vor allem bei den Hürden zum Thema Sicherheit. Ragg: „Da unsere Remote-Service-Lösung auch auf die Bedienoberfläche zugreift und man unabhängig davon bei touchbasierten Systemen einfacher Fehlbedienungen auslösen kann, benötigen wir eine technische Absicherung, die z. B. das Bewegen von Achsen nur bei einer bewussten Bedienhandlung durch Überschreiten eines Kraftpunktes während der Betätigung erlaubt.“ Auch diese Funktion wollte SW „unter Glas“ abgebildet wissen, Hardwarelösungen wie Fußtaster oder eine zusätzliche Taste kamen nicht in Frage. Ragg: „Wir brauchten also eine Lösung unter Glas, mit der wir die Norm einhalten und trotzdem eine Einhand-Bedienung ermöglichen. Force-Feedback-Touch war hier genau die richtige Technologie für uns.“
Fertigungstiefe mit Sicherheit
Zuerst startete das Team mit der Hardware- Entwicklung zusammen mit KEBA und einem Industriedesigner. Für die Konzipierung der Bedienoberfläche setzte man dann von Beginn an auf einen UX-Designer, der bereits erfolgreich Projekte mit KEBA durchgeführt hat – so wurde das Gesamtkonzept für die Bedienoberfläche entwickelt. Ragg: „Wir haben rasch gemerkt, dass das Know-how bei KEBA tief ansetzt, auch was die Fertigung betrifft. Eigenentwicklungen in dieser Größenordnung und mit Flexibilität für Erweiterungen haben wir bei keinem anderen Anbieter gesehen.“ Siegel ergänzt dazu: „Die Tatsache, dass KEBA von der Entwicklung über Layout bis hin zur Fertigung alles selbst im Hause macht und dadurch auch in der Lage ist, Re-Designs schnell und flexibel umzusetzen, hat unsere Entscheidung stark beeinflusst.“ Nicht ahnend, was die Industrie in letzter Zeit bzgl. Bauteileverfügbarkeit erfahren hat, legte SW damals schon einen besonderen Wert auf die Fertigungstiefe.
Die Zusammenarbeit: schnell, unkompliziert und auf Augenhöhe
„Natürlich gibt’s in jeder Geschäftsbeziehung Höhen und Tiefen, auch mal Differenzen, wo man nicht dieselbe Meinung hat. Aber wenn ich die Zusammenarbeit mit KEBA Industrial Automation beschreiben müsste, ist es vor allem eine sehr dynamische“, betont Ragg. „Häufig tauchen im Entwicklungsprozess Hürden auf, die vorher keiner gesehen hat. Wenn man bei KEBA so ein Problem anspricht, geht es schnell an die Lösungsfindung. Bei anderen Anbietern kann hier auch schnell viel Zeit und Mühe vergehen, bis man da mal mit Entscheidungsträgern über neue Ansätze sprechen kann. Bis es zur Umsetzung kommt, dauert es mitunter noch länger… Bei KEBA haben wir sowas nicht.“ Siegel ergänzt: „Gerade bei Änderungen in der Entwicklungsumgebung erwirken wir rasch einen Change-Request. Und in der darauffolgenden Version sind Funktionalitäten dann auch schon umgesetzt.“
Was den beiden in der Zusammenarbeit mit KEBA noch auffällt, sind die kurzen und direkten Kommunikationswege und die Agilität bei der Herangehensweise. Siegel: „Die Entwickler stimmen sich untereinander schnell ab. Man kann seine Fragen, Bedenken, Vorschläge direkt vorbringen und stößt auf offene Ohren. Das ist sicher einer der Punkte, der das schnelle Vorankommen im Projekt erlaubt hat. Man hat direkt mit den Leuten zu tun, die das Projekt vorantreiben und an der Umsetzung beteiligt sind. Es gibt keine Zwischenpersonen.“
Was ebenfalls zur Dynamik beiträgt, ist die Tatsache, dass KEBA Industrial Automation keine Standardlösung aus der Schublade liefert, sondern auf den jeweiligen Kunden zugeschnittene Ansätze entwickelt. Siegel: „KEBA hat im Projekt unsere Anwendung im Fokus und muss nicht, wie es bei anderen Automatisierungsanbietern der Fall ist, wenn sie Änderungen machen, zuerst gegen ihr System und all ihre anderen bisherigen Anwendungen testen, da jede Änderung zu ihrem ganzen Leistungsumfang passen muss und nicht bereits Existierendem widersprechen darf. Das macht die Entwicklung viel langsamer.“
„KEBA ist weit mehr als nur HMI-Spezialist“
„Durch den Kauf von LTI vor einigen Jahren hat KEBA Industrial Automation sich noch viel stärker in Richtung Maschinenbau entwickelt und positioniert“, meint Siegel. SW sieht auch außerhalb von HMI Potenzial für eine intensivere Zusammenarbeit. Siegel weiter: „So ist uns z. B. die 6D-Spindel aufgefallen, die für uns interessant wäre für Bearbeitungen mit geringen Bearbeitungskräften.“ Auch die Entwicklung von Konzepten zur Fernwartung sieht der Maschinenbauer als spannende Herausforderung für eine mögliche gemeinsame Zukunft. Ebenso könnte der Ansatz der drag and bot GmbH, einer Firma, die KEBA vor mehr als einem Jahr erwarb und die sich auf die einfache Integration von Robotern spezialisiert, ein gemeinsames Themenfeld sein.