Mara sieht im Bereich der künstlichen Intelligenz eine große Schere zwischen den Geschlechtern. "Das Problem ist, dass natürlich hier eine totale Ungleichverteilung von Wissen, selbsteingeschätzten Wissen, Kompetenzen vorliegt. Hier hat eine sehr junge, gebildete, männliche Gruppe mehr Wissen zur Verfügung, die auch die eigene Kompetenz deutlich stärker einschätzt als weibliche, ältere, weniger gebildete Personengruppen." Deshalb fordert die Roboterpsychologin heterogenere Datensätze beim Anlernen von KI-Systemen, die die Vielfalt in der Gesellschaft besser abbilden.
"Für gute Produktentwicklungen wäre es sinnvoll, möglichst verschiedene Personen einzubeziehen. Beispielsweise wäre es notwendig, dass man vielleicht auch ältere Personen am Weg der Entwicklung vor Launch des Produkts mit einbezieht - sozusagen künstliche Intelligenz von uns allen, für uns alle. Das ist derzeit einfach nicht gegeben", so Mara.
Die Ungleichheit in der gesellschaftlichen Repräsentation in KI-Systemen spiegelt sich Mara zufolge auch im Bildungssystem. "In Europa sind 80 Prozent der Studierenden in KI oder in anderen MINT-Fächern nach wie vor männlich und Österreich schneidet hier besonders schlecht ab. Nur 10 Prozent der KI-ForscherInnen bei Google sind Frauen. Nur jedes vierzehnte Patent im IKT-Bereich wird von einer Frau erworben. Und Mädchen - und das zeigen uns auch die Zahlen sehr deutlich - unterschätzen ihre Computer- und IT-Kenntnisse deutlich stärker als gleichaltrige Buben in der Schule."
Insofern fordert Martina Mara mehr interdisziplinäre KI-Forschung und mehr Diversität im Bildungssystem: "Wir brauchen verschiedene Perspektiven, Expertisen und Mindsets, die zusammenkommen. Ich forsche und entwickle seit vielen Jahren komplett inter- und transdisziplinär. Und das führt einfach zu interessanteren Fragen und meiner Ansicht nach auch interessanteren Lösungen. Und wir müssen auch wirklich schauen, dass man diversere Zielgruppen für digitale, KI-assoziierte Bildungsangebote gewinnt."