Rutronik : Gernot Simon: Die Zukunft von Rutronik liegt im B2B-Geschäft

Simon und Zotter

Christian Zotter (li.) übergibt die Verantwortung für das Österreich-Geschäft von Rutronik an Gernot Simon.

- © Rutronik

Seit dem 1. Juni 2024 ist Gernot Simon der neue Country Manager der Rutronik Elektronische Bauelemente GmbH in Österreich. Gemeinsam mit seinem Vorgänger Christian Zotter beantwortet er die Fragen von AUTlook.

Die neuen Funktionen für Gernot Simon und Christian Zotter

Herr Simon, sie lösen als Country Manager Österreich Christian Zotter ab, der diese Position mehr als zehn Jahre innehatte. Erzählen Sie uns ein wenig über Ihren Werdegang, wie kam es zu diesem Karriereschritt?

Gernot Simon: Ein Rutronik-Neuling bin ich mit meiner inzwischen 20-jährigen Betriebszugehörigkeit nicht mehr. In der Zeit habe das Unternehmen sehr gut kennengelernt, da ich in verschiedenen Abteilungen und Positionen tätig war – Technik, Einkauf, Vertrieb, zuletzt als Vertriebsleiter. Insgesamt bin schon seit 25 Jahren Teil der Elektronikbranche. Meine "Mitgift" für Rutronik ist also ein Gesamtpaket aus langjährigen, gewachsenen Kundenbeziehungen, viel Erfahrung in Technik und Vertrieb und vor allem der Nähe zu unseren Herstellern.

Herr Zotter, was sagen Sie zur Wahl Ihres Nachfolgers?

Christian Zotter: Um es mit unserem Branchensprech auszudrücken: Er ist ein absolutes Best-Fit! Gernot Simon kennt die Distributionsbranche durch und durch. Zudem ist er ausgezeichnet vernetzt, sowohl was Kunden als auch Hersteller betrifft – ein wichtiger Punkt für einen Country Manager. Mit seinem Weitblick, was die Entwicklung von Zielmärkten anbelangt, und seiner Bindung zum Unternehmen ist Gernot prädestiniert für diese Position. Für den Erfolg von Rutronik ist er dabei auch so manche Extrameile gegangen. Ich bin gespannt, welche Meilensteine er mit dem Unternehmen erreichen wird und freue mich darauf, noch dabei sein zu dürfen.

Das heißt, Sie bleiben weiterhin in den Diensten von Rutronik? Verraten Sie uns, welche konkreten Aufgaben Sie übernehmen werden?

Zotter:
Ja genau. Ruhestand wäre nichts für mich, deshalb stehe ich Rutronik künftig als Consultant Business Development zur Seite.

Simon: Christian Zotter hinterlässt eine große Lücke im Unternehmen, die ich natürlich bestmöglich füllen möchte. Daher schätze ich mich glücklich, dass er uns weiterhin als Berater zur Verfügung steht. Gerade jetzt in einer wirtschaftlich doch herausfordernden Zeit ist eine Expertise wie die seinige von unschätzbarem Wert. Wir werden uns in erster Linie in strategischen Fragen abstimmen. Damit schaffen wir außerdem einen besonders glatten Übergang von seiner Führung zu meiner.

Zukunftsmärkte bei schwächelnder Konjunktur und vollen Lägern

Herr Simon, was sind denn aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen, vor denen ein Distributor wie Rutronik aktuell steht?

Simon: Der gesamte Distributionsmarkt sieht sich noch immer mit einer schwächelnden Konjunktur bei vollen Lägern konfrontiert – und das über die ganze Supply Chain hinweg. Im Zuge der letzten Allokationsphase haben sich viele Kunden neue Bezugsquellen erschlossen, wie etwa Distributoren oder Broker, die außerhalb von Europa angesiedelt sind. Ob und wie sich der Markt nun weiter verhält und wie sich Unternehmen weiter aufstellen, muss sich erst noch herausstellen.

Wir bei Rutronik legen größten Wert auf Langfristigkeit und sehen auch, dass unsere Kunden das sehr wertschätzen. Zu allen Partnern pflegen wir einen intensiven Kontakt, setzen auf eine Strategie, um nachhaltige und partnerschaftliche Lösungen zu finden, und priorisieren dabei nicht den kurzfristigen Profit.

Wo sehen Sie in dieser Situation Wachstumsmärkte für einen Distributor?

Simon: Krisen bergen bekanntermaßen auch immer neue Chancen, wenn man sie erkennt und nutzt. Wir sehen besonders in den Märkten E-Mobilität, Medizintechnik und erneuerbare Energien, vor allem der Biomasse-Heizkraft, großes Potenzial für uns als Distributor.

BIomasse-Heizungen und Wärmepumpen im Fokus

Ich finde es sehr spannend, wie Sie die Wachstumsmärkte für elektronische Bauelemente definieren. Insbesondere die explizite Erwähnung der Biomasse-Hersteller überrascht mich. Wie wichtig ist der Sektor für Rutronik in Österreich?

Simon: Wir haben in Österreich bereits jahrelange Erfahrung mit dem Design In-Support im Bereich Heizungstechnik und unser Produktportfolio ist so breit aufgestellt, dass wir die Bedarfe unserer Kunden von Mikroprozessoren über Steckverbinder bis hin zu Displays abdecken. Ein weiterer Vorteil ist zudem die geographische Lage von Rutronik: Wir sitzen in Wels, in der "Mitte" von Österreich, praktisch vor der Haustüre der großen Heizungsbauer und stehen jederzeit mit technischem, aber auch kaufmännischem Support zur Verfügung – das ist optimal.

Können Sie uns Ihre Einschätzung der Marktlage erläutern, denn die Biomasse-Heizungen sind derzeit ja eher in der Krise. Warum sieht Rutronik hier dennoch großes Potenzial?

Simon: Verunsicherung gab es, da sich die Einstufung von Biomasseheizungen als nachhaltiges Heizungssystem auf EU-Ebene verzögerte. Nichts desto trotz hat der Biomasse-Bereich in Zeiten der Energiekrise enorm zugelegt. Die Supply Chain war hier vermutlich etwas zu euphorisch und hat deutlich überdisponiert, was zu vollen Lägern in der gesamten Vertriebskette geführt hat. Der Abbau der Läger dauert leider länger als erwartet, da derzeit die Ambitionen der Endkunden in ein neues Heizsystem zu investieren, aufgrund des aktuellen Umfeldes, verhalten sind. Mittel- und langfristig sehen wir weiterhin großes Potential in dem Markt.

Wie schätzen Sie den Wärmepumpen-Sektor ein, der ja der Biomasse den Rang als führende erneuerbare Wärmetechnologie abzulaufen droht?

Simon: Natürlich haben wir auch diesen Bereich im Fokus, denn Wärmepumpen sind – speziell bei Neubauten – sehr gefragt. So arbeiten wir bereits seit vielen Jahren mit Kunden zusammen, die auf diesem Sektor sehr erfolgreich sind und für die wir mit unserem Portfolio stets ein umfangreiches Angebot an Lösungen bereithalten.

Neugründungen für B2B und B2C

Wie sehen Sie die Konkurrenzsituation bei den Distributoren, etwa mit der Entwicklung von Conrad klar hin zu B2B? Die Frage gilt auch umgekehrt, welche Bedeutung hat der B2C-Markt für Sie?

Simon: Die klassischen Online-Distributoren drängen seit längerem in den Volumenmarkt. Es kommt zu immer mehr Überschneidungen der beiden Positionierungen B2C und B2B. Die Herausforderung dabei ist es bzw. wird es künftig sein, individuelle Nischen und wirkliche USPs zu finden, um sich von Marktbegleitern klar zu differenzieren.

Rutronik hat bereits vor einigen Jahren die e-Commerce-Plattform Rutronik24 ins Leben gerufen, um Interessenten und Kunden einfach und schnellstmöglich Zugang zu unserem Portfolio zu bieten. Das ist inzwischen natürlich schon Standard für Distributoren, weswegen wir in den letzten Jahren neue und einzigartige Unternehmensbereiche gegründet haben und unseren Kunden dadurch zusätzliche Mehrwerte bieten, z.B. mit Rutronik System Solutions und Rutronik IT Electronics.

Auf welche Märkte zielt Rutronik mit diesen Neugründungen?

Simon: Mit Rutronik System Solutions investieren wir in unsere eigenen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten und bündeln Expertenkompetenz. Ziel ist es, hochinnovative Technologien in wegweisenden, teils patentierten Systemlösungen für komplexe Herausforderung umzusetzen, die exakt auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Somit sind wir in der Lage, die Time-to-Market unserer Kunden erheblich zu beschleunigen und bietet ihnen dadurch einen entscheidenden Mehrwert. Seit der Gründung Ende 2021 haben wir vier Base Boards und sieben Adapter Boards realisiert, die sich für schnelle und unkomplizierte Proof-of-Concept für eine Vielzahl an Anwendungen eignen.

Im Herbst 2023 folgte Rutronik IT Electronics, mit dem wir als Broadline-Distributor neue Wege gehen. Denn Ziel dieses Bereichs ist es, IT-Systemintegratoren und Reseller mit Computer-Komponenten und -Systemen zu versorgen. Die Marktsegmente Rechenzentrum & Server (z. B. Prozessoren, Speicher, Gehäuse, Stromversorgung), Business & Office (z. B. PCs, Workstations, Notebooks, Tablets, Monitore, Beamer) sowie Gaming & Consumer (z. B. CPUs, GPUs, Speicher, Stromversorgung, Systemkühlung) stehen dabei im Fokus.

Wie unterschieden Sie sich speziell in diesem Bereich vom MItbewerb?

Simon: Rutronik IT Electronics setzt dafür auf ein umfangreiches Produktsortiment von ausgewählten Herstellern wie beispielsweise ASUS, Toshiba, Transcend und Sharp. Intel ist dabei der strategische Partner, um den ein Netzwerk von zertifizierten Partnern aufgebaut wurde. Neben dem breiten Portfolio stehen die Experten des neuen Bereichs beratend zur Seite, um die bestmögliche Lösung und/oder das bestmögliche System für die jeweilige Anwendung zu realisieren. Wir erschließen uns damit ein neues Geschäftsfeld, in dem wir bisher noch nicht vertreten waren. Unser Vorteil ist, dass wir sowohl einzelne Komponenten als auch ganze Systeme bzw. Systemlösungen für spezifische Anwendungen aus einer Hand anbieten können. Das vereinfacht Beschaffungsprozesse, spart wertvolle Zeit und reduziert in letzter Konsequenz Kosten.

Damit steigen wir nun noch deutlich stärker in den Markt der Embedded- bzw. IT-Produkte ein, runden unser Angebot aus Design In-Support, Online-Präsenz und Embedded-Lösungen ab und erweitern gleichzeitig den Fokus im B2B-Geschäft.

Wie reagieren die Kunden auf die neuen Angebote?

Simon: Da die Personalkapazitäten in den Entwicklungsabteilungen vieler Kunden begrenzt sind, hat unser Angebotspaket für sie einen erheblichen Mehrwert, den sie auch dementsprechend nutzen. Besonders jungen oder kleineren Unternehmen bietet dieses Angebot große Vorteile, was uns wiederum hilft, unsere Kundenbasis zu verbreitern und neue Märkte zu erschließen. Wir werden weiterhin unsere Kunden dabei unterstützen, ihre Kunden zu beliefern und zu versorgen und sehen uns somit auch in Zukunft eindeutig im B2B-Bereich.

Rutronik System Solutions investiert in eigene Forschungs- und Entwicklungskompetenz und bringt für die Kunden eigene Entwicklerboards auf den Markt.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft

Was dürfen die Kunden von Rutronik Österreich in Zukunft außerdem noch erwarten? Worin sehen Sie ganz persönlich Ihre besonderen Aufgaben als neuer Country Manager?

Simon: In Zeiten des Klimawandels muss unser Augenmerk auf Nachhaltigkeit gerichtet sein. Ich möchte da gezielt den Begriff Kreislaufwirtschaft nennen. Einige unserer Hersteller haben bereits Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen wie Rizinusbohnen im Portfolio. Aber auch im Bereich der elektrifizierten Antriebe und die damit in Verbindung stehenden Technologien wie dem BMS oder der Ladeinfrastruktur gibt es in Österreich viele Kunden mit innovativen Ansätzen und viel Potenzial. Hier, wie auch im Medizinsektor sind – unter anderem dank KI – Riesenfortschritte zu erwarten.

Dabei ist dieser nicht zwingend an intelligente Technologien gebunden: Auch die Optimierung bestehender Systeme, nachhaltiger Praktiken oder Investitionen in Aus- und Weiterbildung gehören dazu. Eine ausgewogene Herangehensweise, die den Einsatz smarter Technologien sorgfältig abwägt und alternative Fortschrittsmöglichkeiten berücksichtigt, erscheint am sinnvollsten. Denn: KI-Technologien verlangen nach leistungsstarken CPUs und High Bandwidth Memory (HBM). Diese Komponenten sind für Anwendungen in den Bereichen maschinelles Lernen und Datenanalyse unverzichtbar. Doch der Wettbewerb um Ressourcen ist gelinde gesagt intensiv, und erneut stehen vor allem europäische Unternehmen vor besonderen Herausforderungen, bei denen wir als Distributor bestmöglich unterstützen werden.