Fachhochschule OÖ : Mechatronisches Universalstudium mit großer Bandbreite
Wenn es um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Automatisierungstechnik geht, wissen Roman Froschauer und Burkhard Stadlmann so gut Bescheid wie kaum jemand sonst. Stadlmann ist seit 1997 Professor für Steuerungstechnik und Elektrotechnik an der FH Wels und leitete viele Jahre den Studiengang für Automatisierungstechnik, für den er nach wie vor aktiv ist. Froschauer, der eine Professur für technische Produktionsinformatik inne hat, ist seit 2018 Leiter des Master-Studiengangs Robotic Systems Engineering, hat heuer auch die Leitung des Studiengangs Automatisierungstechnik übernommen und ist darüber hinaus für die Forschungsgruppe „Smart Automation & Robotertechnik“ an der FH Wels verantwortlich. Beim HTL-Wettbewerb für Automatisierungstechnik AUTstanding engagierte sich die oberösterreichische Fachhochschule in der Jury.
AUTlook: Am Campus Wels wird seit 28 Jahren der Studiengang für Automatisierungstechnik angeboten. Was hat sich dabei geändert – und was ist gleich geblieben?
Burkhard Stadlmann: Die Automatisierungstechnik ist seit Beginn der FH in Wels eine Säule unseres Studienangebots. Natürlich sind seit damals die Grundlagen in Mathematik, Mechanik und Elektrotechnik gleich geblieben: Ohmsches Gesetz, Maxwell- Gleichungen, Drallsatz etc. werden immer gelten und sind deswegen auch heute in den Grundlagenvorlesungen enthalten. Aber gerade die Automatisierungstechnik hat durch den technologischen Wandel insbesondere in den Bereichen Sensorik, Robotik und Informationstechnik heute Möglichkeiten, die vor 30 Jahren unmöglich waren.
Roman Froschauer: Stichworte dazu sind intelligente Sensoren, Vernetzung aller Anlagenteile (IoT) und immer flexiblere Robotereinsatzmöglichkeiten. In Wels loten wir mit unseren Studierenden diese Möglichkeiten sehr erfolgreich aus, wie uns Top-Bewertungen in internationalen Hochschul-Rankings und Siege bei Wettbewerben oder Hackathons beweisen.
Haben Sie auch bei den Studierenden in den letzten Jahren eine Entwicklung erlebt? Was verändert sich bei den Nachwuchskräften?
Stadlmann: Ja, durchaus. Durch die rasante Entwicklung im Medien- und IT-Bereich sind die heutigen Studierenden mit einer Vielzahl an schnelllebigen Technologien konfrontiert, die oft als gegeben hingenommen wird. In der Automatisierungstechnik müssen Technologien und Maschinen aber mehrere Jahre, oft Jahrzehnte überdauern und kontinuierlich funktionieren. Dieses Bewusstsein war früher stärker ausgeprägt und muss heute gezielt gefördert werden.
Froschauer: Das bedeutet, der Bildungsauftrag beinhaltet umso mehr stabile Grundlagen und deren Abbildung auf aktuelle und zukunftsträchtige Technologien. Die Medienflut führt aber auch dazu, dass die Studierenden sich heute sehr weltoffen zeigen und sich viel mehr untereinander vernetzen. Auslandssemester und Praktika sind heute mehr gefragt als früher. Auch nimmt die Nachfrage nach Online- Lehrmaterialien wie Videos oder Tutorials immer mehr zu.
Genauso wie sich die Automatisierungstechnik technologisch ständig weiterentwickelt, richten wir unser Angebot laufend an den neuen Erfordernissen aus.
Beim sehr erfolgreichen HTL-Wettbewerb AUTstanding gab es für mich nur einen Wermutstropfen, nämlich dass nicht eine einzige Schülerin im Finale dabei war. Das ist leider ein Abbild dessen, was in technischen Ausbildungen nach wie vor üblich ist. Wie kann die Attraktivität der MINT-Berufe für Mädchen und junge Frauen endlich erhöht werden?
Froschauer: Leider ist auch bei unseren klassischen technischen Studien der Frauenanteil viel zu niedrig. Patentrezept dagegen gibt es wohl keines. Angefangen beim Kindergarten, dem familiären Umfeld, allen Schulstufen und den diversen Medien muss Bewusstsein geschafft werden, dass es kein Naturgesetz ist, wenn sich nur wenige Mädchen für Technik interessieren. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich ein Mädchen entschuldigen muss, wenn es sich für Mathematik oder Physik interessiert.
Stadlmann: Wenn sich im Fernsehen ein Moderator hinstellt und mit mathematischer Unkenntnis prahlt, ist das sicher auch nicht hilfreich. Aber bei allem Lamentieren, als FH OÖ bemühen wir uns sehr, unseren Anteil dazu beizutragen, junge Frauen für die Technik zu motivieren – durch spezielle Kurse, Informationen und immer mehr Onboarding-Initiativen.
Wo geht die Reise auf dem Ausbildungssektor generell hin? Welche neuen Angebote gibt es von Ihrer Seite?
Froschauer: Genauso wie sich die Automatisierungstechnik technologisch ständig weiterentwickelt, richten wir unser Angebot laufend an den neuen Erfordernissen aus. Eine aktuelle Überarbeitung des Studienplans in Automatisierungstechnik tritt heuer im Herbst in Kraft. Diese laufenden Aktualisierungen betreffen einerseits die Lehrinhalte, etwa IoT und Artificial Intelligence, aber auch neue Studiengangsangebote. Es kommen zum Beispiel „Robotic System Engineering“ und „Intelligente Produktionstechnik“ als fachliche Erweiterungen im Bachelor- und Masterbereich.
Warum würden Sie den HTL-Absolventinnen und -Absolventen eine Fachhochschule als richtige Bildungsform empfehlen?
Stadlmann: Die HTL bietet eine hervorragende schulische Ausbildung. Aber die Technik bietet noch so viel, was in 5 Jahren HTL nicht gelehrt werden kann. Ein FH-Studium erweitert den fachlichen und persönlichen Horizont weit über die HTL hinaus, ohne dabei den Praxisbezug zu vergessen. Gerade an der FH in Wels legen wir aber auch Wert auf solide theoretische Grundlagen, die sowohl für fundierte praktische Lösungskompetenz unbedingt notwendig sind, als auch später die Möglichkeiten für ein anschließendes Doktoratsstudium offen halten.
Froschauer: Im Rahmen des Studiums werden die Studierenden durch Projekte und Praktika gezielt zu den Firmen und zu den aktuellen Forschungsthemen hingeführt, sicher viel intensiver, als dies in einem schulischen Betrieb möglich ist. Automatisierungstechnik ist dabei das „mechatronische Universalstudium“, denn die Absolventinnen und Absolventen füllen eine ganz große Bandbreite von Jobs in der Industrie und Wirtschaft aus.
Was war Ihr Eindruck als Juroren von den Projekten beim diesjährigen HTL-Wettbewerb AUTstanding?
Froschauer: Der Wettbewerb hatte insgesamt ein sehr hohes Niveau, ich möchte allen Teilnehmenden zu ihrer Leistung gratulieren. Ich möchte anhand des Projekts, für das ich die Laudatio gehalten habe – nämlich „PantoPlus“ –, vier herausragende Eigenschaften hervorheben, die typisch für erfolgreiche Projekte sind. Das beginnt bei einer innovativen Idee und zeichnet sich durch technisch klar strukturierten Lösungsansatz sowie großartige Projektabwicklung aus. Wichtig ist auch die Idee für weiterführende Vermarktung, denn die Praxistauglichkeit ist gerade für uns sehr wichtig.