Forschung und Entwicklung : Wasserstoff lokal produzieren, speichern und betanken
Zusammen mit seiner örtlichen Speicherung und Nutzung ist die dezentrale Erzeugung von Wasserstoff ein Schlüssel zur Energiewende. Dazu ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Elektrolyse- und Brennstoffzellensystemen nötig. Seit 2019 wird deshalb beim Projekt HYTECHBASIS 4 WIVA, das aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert wurde, an innovativer Prozesstechnik, Technologien und Komponenten geforscht. Das Ziel ist die nächste Generation von PEM-Elektrolyse-Stacks und Brennstoffzellen-Systemen für die dezentrale Produktion, Speicherung und Nutzung Wasserstoff zu fertigen.
Die Wahl der richtigen Komponenten
„Die Komponenten, die wir in HYTECHBASIS entwickelt und bei denen wir sämtliche Funktionalitätstests durchgeführt haben, sind einerseits der Elektrolyseur und andererseits die Brennstoffzelle“, sagt Projektleiter Johannes Steiner. „Wir haben bei der Prototypentwicklung sehr darauf geachtet, dass wir verfügbare Teile verwenden, von Herstellern die am Markt etabliert sind. Außerdem haben wir Wert darauf gelegt, dass Komponenten eingesetzt werden, die nicht für uns in Einzelstückfertigung, sondern auch in größeren Stückzahlen hergestellt werden – was sich als ziemlich herausfordernd herausgestellt hat.“ So groß sei die Industrie diesbezüglich nämlich noch gar nicht.
Wasserstoffspezifische Komponenten noch eher rar
„Wenn es rein um die Prozessautomatisierung geht, dann wird eine handelsübliche SPS-Steuerung eingesetzt, so eine steuert beispielsweise auch unseren Elektrolyseur.“ Bei wasserstoffspezifischen Komponenten, die speziell für den hohen Druckbereich freigegeben sind, wie etwa Ventile, Regler, oder Anschlussstücke, sehe die Sache noch ein bisschen anders aus. Denn nicht alle Edelstahlkomponenten sind automatisch auch für Wasserstoff zugelassen. Darum sei auch die Lieferantenauswahl so wichtig, die Bauteile sollen schließlich auch noch in zehn Jahren verfügbar sein und serviciert werden können.„Besagte Komponenten und auch noch weitere, zum Beispiel eine Gaskopplung, werden dann in weiterer Folge in den Solhub eingebaut. Dieser ist seit Mitte 2019 als Gesamtsystem am Markt verfügbar und bereits im Einsatz.“, wie Johannes Steiner berichtet: „Mit dem neuen Solhub für die Sun Venture Service GmbH entsteht derzeit die erste grüne Wasserstoff-Betankungsanlage Niederösterreichs. Die Schlüsselkomponente dabei ist, dass der Wasserstoff lokal vor Ort hergestellt wird – was wiederum mit unserem Elektrolyseur passiert, der im Projekt HYTECHBASIS entwickelt wurde“, freut sich der Projektleiter.
Der Solhub: ein dezentraler Wasserstoffknotenpunkt
„Wir sehen den Solhub als dezentralen Wasserstoffknotenpunkt zur Produktion, Nutzung und Speicherung von nachhaltigen, CO2- freien Wasserstoff vor Ort.“, erklärt Steiner. Der erste Anwendungsfall ist das die Betankung von beispielsweise PKWs oder Lieferfahrzeuge, wie Steiner erläutert: „Die Verfügbarkeit von Wasserstofffahrzeugen ist noch relativ gering, aber es gibt bereits einige PKW und mittlerweile kommen auch gewisse LKWs oder Lieferfahrzeuge auf den Markt. Und die können Unternehmen dann selbst betanken.“
Grundlastverbrauch durch Rückverstromung decken
Die erste Einsatzmöglichkeit ist die Rückverstromung mit einer Brennstoffzelle. „Sun Venture besitzt eine eigene Photovoltaikanlage und wird beispielsweise in den Nachtstunden, oder wenn der Strompreis sehr hoch ist, die Brennstoffzelle starten und den Wasserstoff wieder rückverstromen. Damit nähern sie sich einer Selbstversorgung an.“ Es gehe dabei nicht darum, dass sie sich jederzeit selbst versorgen können, dafür sei die Brennstoffzelle noch nicht groß genug dimensioniert, sondern darum den Grundlastverbrauch abzudecken oder Lastspitzen abzufedern.
Abdanken und als Treibstoff verwenden
Der zweite Anwendungsfall ist das Abtanken in PKW oder Lieferfahrzeuge, wie Steiner erläutert: „Die Verfügbarkeit von Wasserstofffahrzeugen ist noch relativ gering, aber es gibt bereits einige PKW und mittlerweile kommen auch gewisse LKWs oder Lieferfahrzeuge auf den Markt. Und die können Unternehmen dann selbst betanken.“
Wasserstoff verkaufen
Der dritte Fall ist, den Wasserstoff an sich zu verkaufen: „Das heißt, dass ich eine Abfüllanlage bzw. eine Schnittstelle zur Verfügung stelle, wo jemand, der Wasserstoff benötigt, vor Ort seine Gasflaschen füllen und diesen Wasserstoff dann für andere Zwecke einsetzen kann – je nachdem, was man damit vorhat.“ Die meisten Anfragen würden momentan aus dem Automobilsektor kommen. Den Eigenversorgungsgrad mit Strom durch die Herstellung von Wasserstoff zu erhöhen, würde sich momentan noch weniger rechnen.„Aber Wasserstoff ist wahnsinnig vielseitig“, sagt Steiner. „Wir sind also davon überzeugt, dass sich das perspektivisch auf jeden Fall verbessern wird.“
Keine Erneuerbaren? Kein Deal.
Das entwickelte Gesamtsystem soll die Energiewende vorantreiben und bei der Erreichung der Klimaziele helfen. Der Betrieb mit fossilen Brennstoffen ist für Johannes Steiner und sein Team daher ein No-Go: „Für uns sind zwei Dinge ganz wichtig: einerseits die Dezentralität des Systems und andererseits, dass grüner Strom verwendet wird. Wir haben auch schon Projekte abgelehnt, die mit Kohle-Strom oder Erdgas arbeiten. Das liegt uns wirklich am Herzen, denn wenn man Wasserstoff herstellt, dann muss er aus grünem Strom kommen“, ist Steiner überzeugt. Es gäbe auch Stimmen die sagen, dass es schneller rentabel ist, wenn man derartige System zentral aufstellt und Großanlagen errichtet. „Wir sind aber trotzdem der Meinung, dass die Dezentralität Sinn macht.“ Nämlich genau dann, wenn grüner Strom verfügbar ist, zum Beispiel über Photovoltaikanlagen, Windräder oder – wie in Österreich relativ häufig – Wasserkraftwerke.