Trends : Was beschäftigt Maschinenbauer 2020?
Bedingt durch die Digitalisierung befindet sich aktuell die gesamte Wirtschaft im Umbruch. Zudem nehmen Umwelt- und Energiethemen einen immer höheren Stellenwert ein. Davon bleibt natürlich auch der Maschinenbau nicht ausgenommen. Ganz im Gegenteil: Neue Regularien, zunehmender Druck auf den Weltmärkten und veränderte Kundenbedürfnisse fordern Innovation in der Branche, wodurch sich für die Industrie ganz neue Möglichkeiten bieten. Stefan Selke, Segment Manager Maschinenbau bei Eaton, zeigt vier Themenfelder auf, die im nächsten Jahr den Maschinenbau besonders prägen werden:
Energiemanagementsystem nach ISO 50001
Im Jahr 2021 wird die neue EU-Ökodesign-Richtlinie in Kraft treten. Für die Industrie sind insbesondere zusätzliche Energieeinsparungen bei Elektromotoren geplant. Neu ist, dass nun auch Drehzahlregelungen einbezogen werden. Genau gilt ab dem 1. Juli 2021, dass die Energieeffizienz von Drehstrommotoren mit einer Nennleistung von 0,75 kW oder mehr und unter 1.000 kW, mit 2, 4, 6, oder 8 Polen dem Wirkungsgrad IE3 entsprechen muss. Ausgenommen davon sind Ex eb Hochsicherheitsmotoren. Um das Energieeinsparpotential von Anwendungen voll auszuschöpfen, gilt es, die optimale Antriebsform zwischen Motorstarter, Drehzahlstarter oder Frequenzumrichter zu bestimmen. Bevor hier eine Wahl getroffen wird, sollten Unternehmen eine umfassende Systemanalyse durchführen, um die effizienteste Lösung für die jeweilige Anwendung zu ermittlen. So ist es in den meisten Fällen sinnvoll, drehzahlverändernde Antriebe nur dort einzusetzen, wo sie verfahrenstechnisch notwendig sind. Ein wichtiges Instrument zur Steigerung der Energieeffizienz in Unternehmen ist die Einführung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001. Damit lassen sich Abläufe und Prozesse etablieren, die den Energieverbrauch deutlich reduzieren. Auf der einen Seite lässt sich so durch den reduzierten Verbrauch Geld sparen, auf der anderen Seite lassen sich in vielen EU-Ländern auch steuerliche Effekte realisieren. Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings die Messbarkeit des Verbrauchs und dessen Dokumentation. Ein eleganter Weg dies umzusetzen ist durch die Nutzung von digitalen Leistungsschaltern, mit integrierter Class 1 Energiemessung, wie dem NZM von Eaton.
Einheitliche Kommunikation in Smart Factories
Industrie 4.0 und Smart Factories sind aktuell viel diskutierte Themen. Hierfür die richtigen Grundlagen zu schaffen, ist jedoch vielmals noch eine große Herausforderung – besonders, wenn es um die Kommunikation der eingesetzten Maschinen untereinander geht. Mit einer babylonischen Verwirrung diverser Kommunikationsprotokolle lässt sich dies nicht umsetzen. Mit OPC Unified Architecture (OPC UA) existiert bereits seit längerem ein plattformunabhängiger Standard für den Datenaustausch zwischen Maschinen. Aktuell dominieren noch herstellerabhängige Protokolle, doch können wir davon ausgehen, dass in nächster Zeit Maschinen- und Anlagenbetreiber zunehmend einheitliche Standards fordern werden. OPC UA, ggf. in Verbindung mit dem TSN Standard (Time Sensitive Networking) für Echtzeitkommunikation, erscheint dafür als vielversprechende Plattform. Dabei geht es darum, dass zunächst gleiche Maschinentypen die gleiche Sprache sprechen. Dieser Ansatz ist sinnvoll, da sich die Kommunikationsanforderungen sehr stark unterscheiden. Werkzeugmaschinen liefern andere Daten, als sie etwa in der Nahrungsmittelproduktion entstehen. Dafür werden aktuell für viele Industriesegmente sogenannte Companion Specifications entwickelt, in denen Informationsmodelle für Maschinentypen in den einzelnen Industriesparten vereinbart werden. Sehr weit fortgeschritten ist z.B. die Companion Spezifikation der Verpackungsindustrie. Dass bei solchen hochautomatisierten, langen Prozessketten zuerst der Wunsch nach Standardisierung aufkommt, ist nachvollziehbar. Andere Branchen wie die Roboterindustrie ziehen aktuell nach. Hersteller sollten für das nächste Jahr auf jeden Fall damit rechnen, dass Kunden mit entsprechenden Forderungen auf sie zukommen.
Evolution des Digital Twin
Aktuell sind sogenannte Digital Twins ein Ansatz, der vor allem in der Entwicklung Verwendung findet. Die digitalen Abbilder von Maschinen werden etwa für Simulationen genutzt, um damit Entwicklungszyklen zu verkleinern. Da ist es naheliegend, dass das Konzept noch einen Schritt weitergedacht wird: Auch im laufenden Betrieb bietet ein virtuelles Abbild von Maschinen, oder kompletten Anlagen und ganzen Fabriken, große Vorteile. Wurde für die Produktentwicklung ein digitaler Zwilling verwendet, der den aktuellen Zustand einer Maschine oder Produktionsanlage widerspiegelt, ist es naheliegend, dieses einmal erstellte Datenmodell auch für die Betriebsphase weiter zu verwenden. Sensordaten aus dem laufenden Betrieb könnten so sehr einfach mit „Sollwerten“ aus dem digitalen Zwilling verglichen werden, um so Abweichungen leicht zu erkennen und die Verfügbarkeit der Maschine zu verbessern. Auf Basis dieses „Ist-Soll-Vergleiches“ ließen sich die Vorarbeiten, um Methoden wie Predictive Maintenance sinnvoll nutzen zu können, deutlich reduzieren.
Consumerisierung der Industrie
Die Maschinenbedienung war in den letzten Jahrzehnten einem großen Wandel unterworfen. Hebel, Räder und Stellschrauben wichen zunehmend Displays und Drucktastern, später Displays mit Touch- Bedienung. Touchdisplays sind mittlerweile ein fester Bestandteil des Alltags, wir zoomen und wischen ganz intuitiv. Das erwartet, vor allem die jüngere Generation, dann auch am Arbeitsplatz. Displays der ersten Generation, die nur auf Druck reagieren und häufig noch mit komplizierten Menüs aufgebaut sind, erfüllen funktional noch vollständig die Anforderungen und sind für einfache Anforderungen sicherlich noch vollkommen ausreichend. Multi Touch wird seinen Siegeszug auch in der Industrie jedoch weiter fortsetzen. Ein nächster Schritt wäre sogar, das Display von der Maschine zu trennen, so dass sich die Daten von einem Tablet oder Mobiltelefon zumindest auslesen lassen. Die Remote-Bedienung mit diesen Smart Devices ist dann sicherlich ein weiterer Schritt, der aber in puncto Sicherheit im Betrieb gut bedacht werden sollte.