Von der innovativen Idee zum industriereifen Produkt

Elektronik-Entwicklung und Fertigung nach individuellen Kundenwünschen Herr Schönegger, das Unternehmen E.S.E. wurde 1994 von Ihnen gegründet. Was hat sich seither getan?

Erich Schönegger, Geschäftsführer ESE: Ich war davor einige Jahre im Vertrieb der Fa. Schmachtl tätig und kam damals erstmalig mit Produkten aus der Elektrotechnik und der Elektronik, mit Interface-Bausteinen, etc. in Berührung. Als ich dann mein eigenes Unternehmen gegründet habe, war das Ziel, kundenspezifische Elektronik in der Mess- und Regeltechnik auf dem österreichischen Markt anzubieten. Das war damals eine Marktlücke. Wir haben ganz klein begonnen, mit einer Partnerfirma in Slowenien, die für uns die Platinen genau nach Kundenwunsch gefertigt hat. Die Nachfrage und auch die Ansprüche der Kunden sind laufend gestiegen und nach ein, zwei Jahren haben wir damit begonnen, selbst zu entwickeln und zu fertigen und das Unternehmen in Österreich weiter auszubauen. Wir sind langsam aber stetig – und immer mit Eigenkapital – gewachsen. Heute sind wir 16 Leute, nicht nur das Büro, auch die Produktion befindet sich am Standort Lebring. Was sich seit den Anfängen nicht verändert hat, ist unsere Prämisse: Wir machen aus der innovativen Idee des Kunden ein industriereifes Produkt.

Wie ist das Unternehmen derzeit personell aufgestellt?

Schönegger: Nachdem wir nur 16 Mitarbeiter sind, sitzen der Geschäftsführer, der Vertriebsleiter und auch der Qualitätsmanager in Personalunion vor Ihnen (lacht). Der Vertrieb ist nach wie vor meine Domäne. Zur Unterstützung und für die Angebots- und Auftragsabwicklung habe ich einen Vertriebsmitarbeiter im Innendienst. Dann gibt es natürlich einen Hardware-Entwicklungsleiter, einen Technischen Leiter, einen Hardware-Entwickler, zwei Herren in der Software-Abteilung, einen Mitarbeiter als ganz wichtiges Bindeglied zwischen Entwicklung und Fertigung, Fertigungsleitung und Verkauf, und dann, ganz klassisch, den Elektronik-Fertigungsleiter mit seinem Fertigungs-Team.

Aus welchen Bereichen kommen die Kunden?

Schönegger: Das ist sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite bedienen wir Kunden aus der Industrie, liefern spezifische Interface-Bausteine für namhafte nationale aber auch internationale Kunden. Wir fertigen beispielsweise für Firmen, die mit Messtechnik zu tun haben, spezifische Bausteine zur Messung von Temperatur, Feuchte, etc., aber auch Platinen für Schaltschränke oder Regelplatinen für Kleinwasserkraftwerke. Auf der anderen Seite stellen wir die Elektronik für die Steuerung von Infrarotkabinen, Saunakabinen oder Industriewaschmaschinen her. Ein Großteil unserer Kunden kommt aus Österreich, wir produzieren aber auch für Kunden aus Deutschland, Italien, Slowenien und Kroatien.

Welche Dienstleistung, welche Produkte werden angeboten? Beschränkt sich das größtenteils auf die Produktion von Platinen?

Schönegger: Der Kunde bekommt bei uns das Komplettpaket. Das beginnt beim Entwerfen des Schaltplans, über das Layouten der Platine, bis hin zum Einflößen des Lebens in die Platine, also das Einspielen von Firm- und Software. Wir gehen dann sogar noch einen Schritt weiter. Wenn der Kunde eine App-Steuerung benötigt, haben wir im Software-Department zwei Spezialisten, die Apps individuell entwickeln können. Unsere Platinen kommunizieren also auch mit dem Handy, wenn das gewünscht wird. Und selbstverständlich liefern wir auch die »Verpackung«, also das entsprechende Gehäuse mit.

Womit kann E.S.E. konkret auf dem Markt punkten? Was ist Ihr Wettbewerbsvorteil?

Schönegger: Wir sind zwar klein, dadurch aber flexibel und schnell. Wenn ein Kunde heute kurzfristig eine Entwicklung braucht, wofür vielleicht noch nicht einmal ein Schaltplan vorhanden ist, dann bekommt er die innerhalb kürzester Zeit. Natürlich muss zuvor geprüft werden, welches Potenzial dahinter steckt und die Lösung darf nicht zu umfangreich sein. Im Vergleich zu großen Anbietern, wo der Kunde unter Umständen auf ein gerade nicht lagerndes Standardprodukt ebenso lange warten muss, bekommt er bei uns eine spezifische Lösung innerhalb von 6–8 Wochen. Natürlich unter Einhaltung der Qualitätsrichtlinien und mit allen vorgeschriebenen Zertifizierungen versehen.

Wie sieht es mit Losgröße 1 aus? Ist das ein Thema?

Schönegger: Da muss ich ehrlicherweise sagen, aus dieser Phase sind wir »herausgewachsen«. Das lässt sich so, wie wir heute aufgestellt sind, nicht mehr abbilden. Aber es wird ab 50 Stück aufwärts bereits interessant, die Obergrenze liegt bei Rahmenaufträgen, die sich über mehrere Monate erstrecken, bei ca. 2.000–2.500 Stück. Das ist für Elektronikfertiger auch noch relativ wenig, aber wir sind genau auf dieses Segment spezialisiert. Der Kunde bekommt bei uns flexibel 100 oder 200 Platinen, wenn er dann vielleicht eine kleine Änderung benötigt, bekommt er die nächste Charge dann eben in adaptierter Form. Nicht, dass die erste Charge nicht entsprochen hätte, aber manchmal gibt es Optimierungsbedarf, der mit einer kleinen Hardware- oder Software-Änderung erledigt werden kann, bevor die nächsten 200 Stück rausgehen.

Die Fertigung bei Ihnen im Hause läuft halbautomatisch?

Schönegger: Wir haben eine klassische SMD-Fertigungslinie, also quasi vollautomatisch. Nicht im Inline-Betrieb, denn das würde bedeuten Leiterplatten an einem Ende rein, fertiges Produkt am anderen Ende raus. Zwischen den Geräten befindet sich schon ein Mitarbeiter, der dann die Platine weitertransportiert im weitesten Sinne und gewisse Dinge händisch erledigen muss. Bestückt und auch verlötet werden die Platinen aber vollautomatisch, selbstverständlich bleifrei. Dann geht es weiter zur THT-Bestückung, das betrifft die großen, durchkontaktierten Bauteile. Phoenix Anschluss-Klemmen zum Beispiel, der Klassiker, alle großen Teile auf der Platine, Transformatoren, etc., werden dann teilweise von Hand bestückt und auch verlötet oder mithilfe eines Wellenbades verlötet. Also auch wieder halbautomatisch, wenn man so sagen möchte, vieles macht dabei die Maschine.

Und am Schluss gibt es dann eine Qualitätskontrolle?

Schönegger: Selbstverständlich gibt es nicht nur am Ende eine Kontrolle, das wäre nicht ISO-konform. Bis das Produkt verpackt und versandt ist, kommt es zu 4–5 Kontrollen. Den ganzen Prozess begleitet immer die Seriennummer, der gesamte Prozess muss durchdokumentiert sein: Wer hat´s gemacht, wann hat er´s gemacht, warum hat er´s gemacht, welche Software hat er verwendet. Das ist ISO-Standard, ohne einer genauen Dokumentation würde den Qualitätsvorgaben nicht entsprochen werden. Man ist zudem verpflichtet, diese Dokumentationen durchgängig aufzubehalten, für mindestens 7–10 Jahre. Die Tendenz zur Archivierung geht aber in Richtung endlos, da Speicherplatz heute ja kaum mehr etwas kostet. Damit kann der Kunde im Bedarfsfall jederzeit genau nachvollziehen, was mit seiner Charge passiert ist.

Wohin soll´s gehen, was sind die Zukunftspläne von E.S.E.?

Schönegger: Auf alle Fälle Wachstum! Der Markt gibt uns Recht, wir hatten von 2015 auf 2016 ein Umsatzwachstum von rund 15%, von 2016 auf 2017 rechnen wir mit 20 bis 25%. Ich habe das erste Jahr nach Euchner, nachdem meine Doppelbelastung als Geschäftsführer weggefallen ist, wirklich genutzt, um das Unternehmen neu zu strukturieren und Prozesse und Abläufe zu optimieren. Wir sind seit Kurzem ein nach ISO 9001-2015 zertifizierter Betrieb und streben auch noch eine weitere Zertifizierung an, damit wir zukünftig auch für die Medizintechnik entwickeln und fertigen können. Durch die ISO-Zertifizierung eröffnen sich uns ganz andere Dimensionen, wir können damit unseren Kundenkreis und unser Angebot entsprechend erweitern.

Gibt es aus Ihrer Sicht aktuelle Trends im Bereich Elektronik-Fertigung - abgesehen von Miniaturisierung und Beschleunigung?

Schönegger: Genau, die Produkte sollen immer kleiner und immer schneller werden – das sind sicherlich die Haupttrends. Die Kunden sind durch die Consumer-Elektronik sehr verwöhnt. Aufgrund des Einsatzes von Smartphones erwartet der Kunde, dass auch bei einfacheren Bauteilen am Display »gewischt« werden kann. Wenn man die Produktion selbst betrachtet, so ist ein großer Trend natürlich das Outsourcing. Viele Marktbegleiter lassen mittlerweile auswärts fertigen, in China, Taiwan, etc. Sobald die Stückzahl eine gewisse Größenordnung erreicht hat, zahlt es sich aus, auswärts fertigen zu lassen. Ich sehe diesen Trend für unser Unternehmen nicht unbedingt negativ, denn viele Kunden kommen auch wieder zurück, wollen mit einem europäischen, einem österreichischen Unternehmen zusammenarbeiten, weil man da flexibler ist. Bei einem Produzenten aus Fernost muss ein Kunde unter Umständen 14 Wochen auf seine Bestellung warten, hat eine Mindestabnahme-Menge von etlichen tausend Stück und muss meist im Voraus bezahlen. Bei uns können kurzfristig kleine Änderung berücksichtigt werden, oft sogar ohne finanziellen Mehraufwand. Diese Flexibilität und selbstverständlich auch die Qualität heimischer Produktion wissen unsere Kunden zu schätzen.

Herr Schönegger, vielen Danken für das Gespräch! www.ese.at