Ehrlich währt am längsten
Michael Weingrill ganz persönlich:
Herr Weingrill, was ich Sie schon längst einmal fragen wollte: Ist es eigentlich »Zufall«, dass Sie mit Familiennamen Weingrill heißen oder ist dies schon ein dezenter Hinweis darauf, dass Ihre Familie auch mit Wein zu tun hat?
lächelnd: Da könnten Sie durchaus Recht haben. Angeblich wurde von einem unserer Vorfahren ein Gasthaus betrieben, in dem es Wein und gegrillte Speisen gab, aber ganz sicher sind wir uns diesbezüglich nicht. Mittlerweile ist unsere Familie ja sehr weit gestreut, ich habe auch in Brasilien, in den USA und in Australien Verwandtschaft. Ursprünglich abstammen dürften wir jedoch aus der Steiermark.
Nun sitzen wir da im Südburgenland, mitten in der Uhudler-Gegend …
Weingrill: Ja, das stimmt. In unserem Weingarten bauen wir auch ausschließlich Ripatella-Trauben an. Böse Zungen behaupten zwar, dass ein Uhudler kein Wein sei, aber dieser Meinung kann ich mich natürlich nicht anschließen. Wir sind sehr zufrieden mit unserer Produktqualität. Wobei unser Uhudler für einen besonders hohen Säuregehalt bekannt ist, weil ihm mein Vater die Zeit gibt, zu reifen.
Das ist ein gutes Stichwort: Bekommt man als junger Mensch in der heutigen Arbeitswelt noch genügend Zeit zu reifen, bevor man ins kalte Wasser, sprich in ein bestimmtes Betätigungsfeld, springen muss?
Weingrill: Ich fürchte, auf diese Frage kann ich keine allgemeingültige Antwort geben. Da kann ich nur für mich selbst sprechen. Bei mir war es so, dass es gleich beim ersten Bewerbungsgespräch mit einer Fixanstellung klappte. Als Absolvent einer Steuerungs- und Regelungstechnik-HTL hatte ich damals ganz gute Karten am Arbeitsmarkt.
Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Chef?
Weingrill: Klar! Zumal der damalige Geschäftsführer der Firma Pilz wirklich eine Art Mentor für mich war. Reinhard Strobl liebte es, junge Menschen ans Berufsleben heranzuführen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie er damals zu mir sagte: Herr Weingrill, setzen Sie sich hierher, bleiben Sie einen Tag bei mir im Büro und lassen Sie uns zusammen telefonieren. Letztendlich waren es rund zwei Wochen, in denen ich neben ihm saß. Ich musste nichts tun – außer zuhören. Danach wurde über das Gehörte gesprochen. Das war wohl eine der lehrreichsten Phasen in meinem bisherigen Berufsleben. Wenn ich heute gefragt werde, wo bzw. von wem ich die Vertriebs-Basics gelernt habe, gebe ich immer zwei Personen an: Reinhard Strobl und Herbert Blees. Beide stehen für Handschlagqualität und für diese Art von Vertrieb, bei dem für den Kunden nicht nur mit schönen Worten, sondern auch in Form von Taten spürbar wird, dass er im Mittelpunkt steht und dass ich als Vertriebsmann in Wahrheit seine Interessen bei uns im Unternehmen vertrete.
Was ist für Sie persönlich das Schöne am Vertrieb?
Weingrill: Der direkte Kundenkontakt. Meine Frau sagt immer: Du bist ein Menschenfreund. Und das stimmt auch. Ich bin gerne unter Leuten und genieße es aus vollen Zügen, mich mit unterschiedlichen Charakteren auszutauschen. Wobei ich vom Kommunikationsverhalten her eher altmodisch veranlagt bin: Ich bevorzuge das persönliche Gespräch. E-Mails oder SMS könnten für mich niemals ein adäquater Ersatz für ein reales Treffen sein. Zumal es viele Dinge gibt, die sich beim besten Willen nicht in einem stillen Kämmerlein, sondern ausschließlich vor Ort, am Brennpunkt des Geschehens, klären lassen.
Ich muss immer wieder lachen, wenn Außenstehende denken: Ah, du bist im Vertrieb, das bedeutet vormittags Freibad und nachmittags irgendwo gemütlich Kaffee trinken. Viele, vor allem auch jüngere Menschen, wollen in den Vertrieb, weil in diesem Betätigungsfeld ein Firmenauto, freie Zeiteinteilung und eventuell ein Home-Office locken. Was dabei oftmals vergessen wird: Vertrieb heißt aber auch jede Menge Verantwortung übernehmen. Und die freie Zeiteinteilung steht nicht für vormittags Freibad und nachmittags Kaffeehaus, sondern für: wann fahre ich zu welchem Kunden und wann bin ich im Büro, um das Besprochene abzuarbeiten.
Gibt es Ihrer Meinung nach so etwas wie den geborenen Vertriebsmenschen?
Weingrill: Nun, ich denke, man muss schon der Typ dafür sein. Es darf einem nichts ausmachen, immer wieder einmal auswärts in einem Hotel zu nächtigen. Man muss damit umgehen können, wenn ein Tag nicht so verläuft wie ursprünglich geplant, und auch sonst heißt es stets, anpassungsfähig und flexibel zu sein. Schließlich gilt es im Vertrieb, mit unterschiedlichsten Menschen und Situationen möglichst gut zurechtzukommen.
Für mich persönlich ist die Tätigkeit im Vertrieb ein schöner Job. Ich liebe ihn und würde ihn für nichts auf der Welt mehr aufgeben wollen, aber man muss schon wissen, worauf man sich dabei einlässt.
Sie erwähnten vorhin, dass ein Vertriebsmitarbeiter die Interessen der Kunden im eigenen Hause zu vertreten hat …?
Weingrill: Ja, ich betrachte mich eigentlich als verlängerten Arm des Kunden bei uns im Unternehmen. Das heißt: Ich versuche, mich in die Situation meines Gegenübers hineinzudenken, Empathie zu entwickeln und seine Wünsche und Bedürfnisse zu verstehen. Ich muss demnach in einem aufrichtig interessierten Gespräch eruieren, wie mein Kunde tickt und welche (technischen) Lösungen er tatsächlich braucht bzw. will. Wovon ich persönlich gar nichts halte: von oberflächlichen Fragen und antrainierten Höflichkeitsfloskeln. Nicht umsonst heißt es: Ehrlich währt am längsten. Ich bin mit dieser Einstellung immer sehr gut gefahren, vor allem auch dann, wenn einmal etwas nicht ganz so rund lief.
Wie sind Sie eigentlich als Verkaufsleiter Österreich bei Kübler gelandet?
Weingrill: Über einen Headhunter, allerdings nur indirekt. Es war nämlich ursprünglich ein guter Freund von mir, der für diese Position angefragt wurde. Er selbst wollte nicht, brachte aber stattdessen mich ins Spiel.
Was hat Sie an dieser Position gereizt?
Weingrill: Mich reizte die Möglichkeit, etwas Neues auf- bzw. auszubauen. Ich denke, solch eine Chance bekommt man nicht allzu oft serviert im Leben.
Das bedeutet aber auch mehr Verantwortung?
Weingrill: Ja, das ist ja das Schöne daran. Ich habe überhaupt kein Problem damit, Verantwortung zu übernehmen. Ganz im Gegenteil: Ich habe eigentlich schon immer auf den unterschiedlichsten Ebenen nach mehr Verantwortung gestrebt. So war ich beispielsweise bereits mit 19 Jahren als Sektionsleiter beim Heiligenbrunner Sportverein für Spieler-Transfers oder für die Organisation von Trainingslagern zuständig, und als Fußballer war es ebenfalls die Spielmacher-Position, in der es am besten klappte. Ich war nie der Schnellste, aber dafür passsicher.
Wie treff- bzw. wie passsicher müssen Sie für Kübler sein?
Weingrill: Zuerst einmal muss ich sagen: Hut ab! Ich bin mit offenen Armen aufgenommen worden bei Kübler. Während meiner Einschulungszeit in Deutschland hatte ich kaum einen freien Abend, weil meine Kollegen auch außerhalb der Dienstzeit für mich da waren. Da sind teilweise vom Fleck weg private Freundschaften entstanden. Das freut mich sehr! Aber zurück zu Ihrer Frage: Kübler ist ein wachstumsorientiertes Unternehmen. Da müssen natürlich in erster Linie die Zahlen stimmen. Ich empfand es als immensen Vertrauensbeweis, dass mir das Vertriebsgebiet Österreich anvertraut wurde. Und zu meiner Freude läuft es sehr gut hier. Besonders viel Kunden-Resonanz gibt es derzeit beim Thema Schleifringe. Kein Wunder eigentlich: Einerseits verfügen wir über ein geniales Grundprodukt, andererseits haben wir in der Nähe von München ein extrem flexibles Entwickler-Team sitzen, das sehr schnell auf etwaige Sonderwünsche reagieren kann. Das bedeutet: Selbst bei sehr speziellen Anforderungen können wir innerhalb kürzester Zeit einen perfekt passenden Schleifring servieren.
Welche Ziele haben Sie sich gesetzt bei Kübler?
Weingrill: Nun zuerst einmal will ich eine gewisse Umsatzmarke sprengen, und dann hoffe ich natürlich, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft zu einer richtigen Tochtergesellschaft aufsteigen – mit Innendienst, mit eigenen Technikern vor Ort und mit zusätzlichen Vertriebsmitarbeitern. Wir haben uns Zeit gegeben für die Erreichung dieses Ziels, aber es liegt durchaus in Reichweite.
Sie sagten „Es liegt in Reichweite“ – höre ich da den ehrgeizigen Kämpfer raus?
Weingrill lachend: O ja! Ausdauer und Durchhaltevermögen selbst in schwierigen Situationen habe ich definitiv gelernt – und zwar von klein auf. Schließlich bin ich in einem Weingarten aufgewachsen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie stolz ich war, als ich erstmals eine Weinbütte umgeschnallt bekam. Ich war stolz wie ein Pfau, biss die Zähne zusammen und schleppte möglichst viele und große Traubenmengen aus dem Garten, um meinem kleinen Bruder und meinen jüngeren Cousins zu beweisen, wie cool und stark ich schon bin. Da hat mir teilweise schon alles wehgetan, aber vorzeitiges Aufgeben war dennoch keine Option. Stattdessen war eine gewisse Härte mir selbst gegenüber gefragt. Und das ist noch heute so: Wenn ich ein bestimmtes Ziel verfolge und dieses vielleicht auch noch laut hinausposaune, dann ziehe ich es durch. Dann gebe ich sicher nicht beim ersten Gegenwind auf.
Herr Weingrill, es war wie immer ein Vergnügen, Ihren Ausführungen zu lauschen!