Die Kraft der Gedanken

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© Andrea Danti - Fotolia

Festo präsentiert Gedankensteuerung Von der spielerischen Umsetzung der Mensch-Maschine-Interaktion in »CogniGame« bis zur vielseitigen »ExoHand« – Festo setzte sich auf der Hannover Messe 2012 mit neuen Konzepten für die Kooperation von Mensch und Technik auseinander. Besonders spannend: die Maschinensteuerung mit Gedanken ...

CogniGame ist eine Neuinterpretation eines bekannten Videospiels, das in den 70er-Jahren auf den Markt kam. Ähnlich wie beim Tischtennis bewegten Spieler damals mithilfe eines Joysticks einen Balken innerhalb eines Bildschirms auf und ab, um einen Ball abzuwehren und ihn zurück zum Kontrahenten zu spielen. Für CogniGame haben die Entwickler von Festo das virtuelle Spielgeschehen auf ein reales Spielfeld umgesetzt, das aus Komponenten von Festo aufgebaut ist. Zwei Linearachsen deren Antriebe entlang der Grundlinien nach links und rechts verfahren, bewegen die Schläger um den Ball abzuwehren und im Spiel zu halten. Bei CogniGame steuert ein Spieler seinen Schläger mit dem bekannten Joystick – sein Gegner bewegt den Schläger jedoch mit seinen Gedanken über eine »Elektroden-Kappe«. Wir trafen Wolfgang Keiner, Geschäftsführer Festo Österreich, um über die Gedankensteuerung und mögliche Einsatzfelder zu sprechen.

Herr Keiner. Festo zeigte auf der Hannover Messe neue Bedienkonzepte für die Kooperation von Mensch und Technik. Dabei hörte man auch oft über »Die Fabrik der Zukunft«. Wie kann diese laut Festo aussehen? Gibt es da konkrete Vorstellungen?

Wolfgang Keiner, Geschäftsführer Festo Österreich: Auch in der Fabrik von morgen wird es nicht überall vollautomatisierte Arbeitsabläufe geben. Stattdessen wird die Produktion der Zukunft von veränderlichen Prozessen geprägt sein. Hier sind neue Bedienkonzepte gefragt, mit denen der Mensch schneller, direkter und einfacher mit der Technik kommunizieren kann: von Joysticklösungen über Spracheingaben bis hin zur Steuerung von Teilabläufen mit Gedanken – spannende Forschungsfelder.

Das heißt, Sie sehen auch in der Industrie Einsatzmöglichkeiten für die Gedankensteuerung aus »CogniGame«?

Keiner: Wir sind jedenfalls vorbereitet. Sowohl Konsumgüter als auch Industriemaschinen könnten schon bald auch per Gedankenkraft gesteuert werden. Fachleute prognostizieren bereits für die nahe Zukunft den Einsatz von Brain-Computer-Interfaces beispielsweise zur Bedienung von Smartphones oder bei der Arbeit am Tablet PC. Als Innovationstreiber beschäftigen wir uns mit diesem interessanten Thema. Für das Pilotprojekt »CogniGame« haben wir zum Beispiel eine eigene Softwarelösung entwickelt, die die Bewegung der elektrischen und servopneumatischen Achsen in CogniGame im Zusammenspiel mit unserer »CPX-CEC« steuert.

Erzählen Sie uns bitte mehr über die ungewöhnliche Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine bei »CogniGame«.

Keiner: Kern der Entwicklung ist die von Festo entwickelte Software »CogniWare«. Sie ist die Schnittstelle zwischen dem Brain-Computer-Interface und der Hardware. Für CogniGame verwendeten die Entwickler ein am Markt erhältliches Brain-Computer-Interface, das wie beim EEG über Elektroden die Gehirnsignale erfasst. Anschließend werden die Signale gefiltert und an die Software geleitet. Die Bedienung des Brain-Computer-Interface wird durch die Messung des sogenannten »Mu-Rhythmus« ermöglicht, der im motorisch-sensorischen Kortex erzeugt wird. Er tritt in Verbindung mit einer körperlichen Bewegung und sogar der bloßen Vorstellung an diese auf. Es genügt also, sich die Bewegung der linken Hand vorzustellen, um die Achse nach links fahren zu lassen.

Und wie werden aus dem Gedankensignal die Bewegungen der Antriebe von CogniGame?

Keiner: Eine »CPX/MPA«-Ventilinsel ermöglicht die exakte Ansteuerung der beiden Linearachsen. Dabei wird eine servopneumatische »DGCI«-Achse durch einen der Spieler mit dem Brain-Computer-Interface gesteuert. Sein Kontrahent regelt eine elektrische »EGC«-Achse mit einem Joystick. Beide Achsen können nach links und rechts fahren, um zu verhindern, dass der Ball über die eigene Grundlinie rollt. Dabei wird der Ball durch das Kippen des Spielfeldes immer in Bewegung gehalten. Hierfür wurden zwei pneumatische Muskeln »DMSP« unterhalb des Spielfelds angebracht, die von Proportional-Ventilen positionsgenau geneigt werden.

Wie können mögliche Anwendungen der Gedankensteuerung aussehen – wo kann sie eingesetzt werden?

Keiner: Softwarelösungen wie CogniWare und das zugehörige Brain-Computer-Interface können künftig zusammen mit anderen Systemen den menschlichen Handlungsspielraum bedarfsgerecht erweitern. Ein praktisches Anwendungsbeispiel ist die ebenfalls auf der Hannover Messe präsentierte »ExoHand« – eine weitere Entwicklung unseres Bionic Learning Networks. Bei dieser aktiven Handorthese (Hilfsmittel zur Entlastung von Gliedmaßen) ist in Verbindung mit der Gedankensteuerung zum Beispiel ein Einsatz als Kraftverstärkung in der Montage, zur Rehabilitation von Schlaganfallpatienten oder als intuitive Steuerung von Robotern denkbar.

»ExoHand« – was ist das?

Keiner: Bei der ExoHand handelt es sich um ein an die menschliche Hand individuell angepasstes Exoskelett, mit dem die Finger aktiv bewegt, die Kraft in den Fingern verstärkt und Bewegungen der Hand aufgenommen sowie in Echtzeit auf Roboterhände übertragen werden können. Das Exoskelett, eine Struktur, die die menschliche Hand von außen stützt, bildet dabei die physiologischen Freiheitsgrade der Hand nach. Acht pneumatische Aktoren bewegen hierfür dieses Exoskelett. Kräfte, Winkel und Strecken werden mittels Sensoren aufgenommen. Servopneumatische Steuerungs- und Regelungsalgorithmen erlauben das präzise Bewegen der einzelnen Fingerglieder.

Sie haben zuvor Rehabilitation angesprochen – welche konkreten Einsatzbereich sehen Sie für die Gedankensteuerung in der Rehabilitation?

Keiner: Auch hier ist die ExoHand mit im Spiel. Sie bietet zusammen mit dem Brain Computer Interface die Möglichkeit einer geschlossenen Feedbackschleife. Das kann Schlaganfall-Patienten mit Lähmungserscheinungen unterstützen, die fehlende Verbindung des Gehirns zur Hand wieder zu erneuern. Dabei wird mit dem am Kopf gemessenen EEG-Signal der Wunsch des Patienten erkannt, die Hand zu öffnen oder zu schließen. Die aktive Handorthese führt dann die Bewegung aus. So entsteht ein Trainingseffekt, der im Laufe der Zeit dazu führt, dass Patienten ihre Hand auch wieder ohne technische Unterstützung bewegen können. Festo kooperiert in diesem Bereich mit dem Centre for Integrative Neuroscience der Universitätsklinik Tübingen.

Herr Keiner, vielen Dank für das Gespräch!__www.festo.at__