Lapp : Industrie 4.0 hängt vom Kabel ab

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Wozu noch Leitungen, wenn man Daten auch per WLAN, Bluetooth oder anderen Funktechnologien übertragen kann? Das stimmt zwar im Prinzip, sagt Lapp-Technikvorstand Georg Stawowy, aber in der Praxis sieht es anders aus: "Im rauen Fabrikumfeld haben Drahtlostechnologien einige Nachteile, angefangen bei der Verbindungsstabilität bis hin zu Latenzzeiten, die nur schwer Echtzeitanwendungen erlauben." Wireless bedeutet also nicht das Ende von Leitungen, sondern ist in einem stark wachsenden Markt in speziellen Anwendungen eine sinnvolle Lösung. Kabelspezialist Lapp bietet daher in Zusammenarbeit mit Partnern seinen Kunden auch drahtlose Verbindungslösungen an und wird dieses Portfolio in Zukunft weiter ausbauen - je nach Bedarf sowohl WLAN als auch Bluetooth und LTE -, setzt aber darauf, dass die digitale Infrastruktur der Industrie 4.0 auf physischen Verbindungen aufgebaut sein wird.

Daten als Rohstoff und Währung

"Daten sind der neue Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Manche sagen auch, Daten sind die Währung von Industrie 4.0", meint Stawowy. Egal welches Bild man bevorzugt, in jedem Fall verschmilzt die physische Welt mit der digitalen. Gleichzeitig nimmt die Vernetzung zu – jede Maschine tauscht mit anderen Informationen aus. Das hat Konsequenzen für die Organisation in produzierenden Unternehmen, besonders was den Fluss von Daten betrifft. Die klassische Automatisierungspyramide mit der Unternehmens(ERP)-Ebene an der Spitze, der Steuerungsebene in der Mitte und der Feldebene an der Basis wird sich in eine Infrastruktur ohne Hierarchien auflösen. Das Analysieren und Visualisieren, das Treffen von Entscheidungen und ihre Umsetzung in physikalische Bewegungen sowie das Erfassen von Informationen in einem digitalen Zwilling finden laufend und simultan statt und bedingen einander.

Infrastruktur ohne Hierarchien

Diese Revolution in den Fabrikhallen hat natürlich auch Auswirkungen auf das Geschäft von Lapp – und zwar voraussichtlich nur positive. Denn wenn jeder mit jedem kommuniziert, nimmt die Zahl der Verbindungen explosionsartig zu. Für den Weltmarktführer für integrierte Verbindungssysteme ist das eine gute Nachricht. „Lapp schafft Verbindungen in Fabriken, für Maschinen, für jede industrielle Tätigkeit“, sagt Stawowy. Auch wenn sich die Automatisierungspyramide auflöse – die untere Ebene mit der Basisinfrastruktur, die den Rohstoff Daten transportiere, werde immer erforderlich sein.

C-Teile werden A-Teile

Verbindungstechnologien werden also noch wichtiger als bisher. Das betrifft nicht nur ihre Anzahl, sondern auch die Anforderungen an ihre Qualität, Widerstandsfähigkeit und Verfügbarkeit. Die Verbindungstechnik ist, was das Investment angeht, in einer automatisierten Fabrik nur eine untergeordnete Position. Doch wenn sie ausfällt, können schnell hohe Kosten auflaufen, etwa wenn deswegen ein Montageband in einer Automobilfabrik stillsteht. Stawowy: „Im Bewusstsein mancher Anwender mag ein Kabel oder ein Steckverbinder ein C-Teil sein, von ihrer Bedeutung sind es A-Teile.“. Das wird sich in den kommenden Jahren ändern. Schon jetzt schlägt sich die Entwicklung im Umsatz von Lapp nieder.

Ethernet wächst überproportional

Derzeit wächst die Sparte Industrial Data Communications jedes Jahr mit über 20 Prozent, vor allem das ethernetbezogene Geschäft legt überproportional zu. Strategisch wird der Bereich der industriellen Datenkommunikation im Verhältnis zur klassischen Anschlussleitung steigen - allerdings nur relativ gesehen, denn absolut wächst auch dieser Teil des Geschäfts. Das verwundert Stawowy gar nicht, denn neben der Vernetzung nimmt auch die Elektrifizierung weiterhin zu, und mit der Elektrifizierung wächst auch die Nachfrage nach Leitungen. Antriebe, Licht oder auch Klimatisierung brauchen nun einmal Strom.

Portfolio für Industrie 4.0

Das Portfolio von Lapp enthält alle wichtigen Komponenten, die ein Anwender benötigt, um seine Fabrik nach den Prinzipien von Industrie 4.0 auszulegen, darunter eine große Auswahl an Datenleitungen für unterschiedliche Standards wie PROFINET oder CC-Link, neuerdings auch Switches für die Verteilung der Daten in Fabriksumgebungen. Georg Stawosy kündigt weitere Ergänzungen an. Die richten sich aber, so der Vorstand für Technik un Innovation, im Sinne der Lapp-Philosophie immer nach dem, was der Kunde braucht. Dazu untersuchen die Experten des Unternehmens gezielt die Kommunikationsstränge in Kundenapplikationen, um zu ermitteln, was genau die Anforderungen sind und wie eine ideale Lösung beschaffen sein müsste. Auf dieser Grundlage wird das Portfolio entsprechend weiterentwickelt. Stawowy: "Was immer die Zukunft auch bringen mag, wir liefern die Infrastruktur dazu!"