Gastbeitrag von Markus Nöbauer : Wie KI die Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützen kann
Gemäß der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) sind seit Jahresbeginn 2024 alle großen und börsennotierten Unternehmen in Österreich und Deutschland zur NBE verpflichtet. Die NBE geht über den herkömmlichen finanziellen Jahresbericht hinaus und umfasst Informationen über Umweltbelastungen, soziale Verantwortung, Arbeitsbedingungen, den Umgang mit wertvollen Ressourcen wie Wasser und die Emission von Schadstoffen. Auch für mittelständische Unternehmen ist die NBE relevant geworden. Sei es, weil sie Teil einer Lieferkette sind und Kunden aktiv nach diesen Daten fragen, oder auch, weil sie die NBE als Chance für Kommunikation und Marketing sehen. Die Unternehmen können damit ihre wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Leistungen transparent darstellen.
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Das Hauptziel besteht darin, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichte zu erhöhen. Die Erstellung solcher Berichte stellt Unternehmen vor die Herausforderung, vielfältige Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen und verfügbar zu machen. Das gemeinsame Forschungsprojekt von insideAx und dem Institut für Wirtschaftsinformatik an der Johannes-Kepler-Universität Linz zeigt nun mit einem Prototyp, wie man das Erstellen von NBE wesentlich beschleunigen kann – und zwar mithilfe von KI.

Unterschiedliche Formate und Datenquellen
Für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts sind Daten aus verschiedenen Quellen erforderlich. Diese müssen identifiziert, aufbereitet und zusammengefasst werden. Externe Dienstleister oder die Gemeinde stellen beispielsweise den Verbrauch und die Entsorgung von Wasser oft über PDF-Anhänge mit E-Mails bereit. Die in der Produktion verwendeten Materialien sind häufig in der Datenbank des Produktionsplanungssystems zu finden. Die Klassifizierung der in der Produktion anfallenden Schadstoffe erfolgt im Rahmen der NBE. Informationen zu Schulungen und Ausbildungen von Mitarbeitern werden in größeren Unternehmen von der Personalabteilung verwaltet, in kleineren Unternehmen sind diese oft auf mehrere Abteilungen verteilt. Reisekostenabrechnungen, die in der Regel als Excel-Datei oder PDF-Scan vorliegen, geben Auskunft über gefahrene Kilometer. Die manuelle Erhebung und Aufbereitung dieser Daten ist ein langwieriger und aufwändiger Prozess, der nun durch den Einsatz von KI deutlich vereinfacht werden kann.
KI kann automatisierte Berichterstellung unterstützen
Das Sichten von relevanten Dokumenten sowie das Extrahieren und Gruppieren der Daten ist eine sehr aufwändige Arbeit, die in den jeweiligen Datenquellen, wenn überhaupt, nur begrenzt technisch unterstützt wird. Hier kann KI helfen und den gesamten Prozess deutlich beschleunigen. Die Verarbeitung von Dokumenten, Scans und Daten in den unterschiedlichsten Ausprägungen ist inzwischen eine Kernkompetenz der meisten KI-Modelle. Anbieter wie Microsoft haben solche KI-Modelle in ihre Tools und Plattformen integriert und ermöglichen so die einfache Nutzung im Geschäftsprozess. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde in Zusammenarbeit mit einem Kunden ein exemplarischer Prototyp entwickelt, der die NBE mit KI unterstützt. Dabei werden die Informationen aus den Bereichen Reisekostenabrechnung, Energieverbrauch, Produktion und Schadstoffe mittels KI-Tools automatisiert verarbeitet, konsolidiert und als Nachhaltigkeitsbericht ausgegeben.

Eigenes KI-Modell trainiert
Für die Reisekostenabrechnung wird ein unternehmensspezifisches Formular verwendet, das ausgefüllt und gemeinsam mit diversen Belegen am Monatsende eingescannt wird. Die Scans werden vom Multifunktionsgerät auf einem klassischen On-Premises File-Share-Server abgelegt. Für die automatisierte Verarbeitung der Scans übernimmt das KI-Tool „PowerAutomate“ von Microsoft. Im AI Builder hat das Forschungsteam ein eigenes Modell trainiert, das die Formulare der Reisekostenabrechnung verarbeiten kann. Es extrahiert aus den Scans die für die NBE relevanten Informationen – etwa gefahrene Kilometer. Die Stromrechnung wiederum kommt als PDF-Dokument per E-Mail in das Postfach der Buchhaltung. Auch hier hilft PowerAutomate, die Stromrechnungen im E-Mail-Postfach zu finden. Für die Verarbeitung der Rechnungen wurde ebenfalls das AI Builder Tool trainiert, um den Energieverbrauch in Kilowattstunden pro Monat auszulesen.
Vom Datenpool zum Bericht
Die Produktionsplanung ist Teil des ERP-Systems Dynamics 365 Finance and Supply Chain. Hier gilt es, die Produktionsdaten und den Materialverbrauch aus dem System zu exportieren. Stücklisten für den Materialverbrauch in der Produktion und Verbräuche von Hilfsstoffen wie Schmiermittel und Reinigungsflüssigkeiten werden über die Beschaffung identifiziert und nach einem Schlüssel auf die Produktionen verteilt. Um die bei der Produktion anfallenden Schadstoffmengen zu ermitteln, wurden die Artikelstammdaten mit der Schadstoffklassifizierung verknüpft. So lassen sich auch Veränderungen der Emissionen über längere Zeiträume dokumentieren. Das Forschungsteam hat sämtliche extrahierten Daten in einem Fabric Data Warehouse zusammengeführt. In diesem Datenzentrum sind die relevanten Informationen zentral verfügbar und können über ein Reporting-Tool als Bericht für die NBE ausgegeben werden. Der Report orientiert sich an der NBE-Kategorisierung und gruppiert die extrahierten Daten – z.B. nach Materialverbrauch, verwendeten und bei der Produktion angefallenen Schadstoffen sowie Energieverbrauch. So kann der Verantwortliche die vorliegenden Daten in den Nachhaltigkeitsbericht einpflegen.
Die Zukunft der Nachhaltigkeitsberichterstattung
KI kann den Prozess der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten maßgeblich beschleunigen und erleichtern. Eine professionell erstellte und kommunizierte NBE kann für Unternehmen vorteilhaft sein, denn sie verbessert das Image, reduziert Risiken und steigert langfristig den Erfolg. Für die Automatisierung des Berichterstellungsprozesses sind Daten aus verschiedenen, heterogenen Quellen erforderlich. Die Beschaffung und Bereitstellung dieser relevanten Informationen für die automatisierte Verarbeitung stellen –wie bei jeder Prozessautomatisierung – eine bedeutende Herausforderung dar. Das Forschungsteam hat in diesem Projekt demonstriert, wie der gezielte Einsatz von KI-Tools dabei hilft, Daten für die NBE zu identifizieren und aufzubereiten. Die Zukunft der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zweifellos von intelligenten KI-Anwendung geprägt sein, auch um die digitale Transformation der Unternehmen voranzutreiben.