Doppelinterview : STÖBER Österreich: Mehr als die Summe einzelner Komponenten
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STÖBER Österreich hat im vergangenen Jahr sein 30. Jubiläum gefeiert. Was zeichnet den österreichischen Markt und im Speziellen den Standort Oberösterreich aus?
Andreas Weber: Bernd Stöber und seine Schwester Ursula Thiel hatten sich 1992 entschieden, in Österreich eine eigene Tochtergesellschaft zu eröffnen. Damals hat man am Standort Wien mit einer eher überschaubaren Mannschaft begonnen, STÖBER bekannt zu machen und den Kontakt zu Kunden selbst vor Ort zu pflegen. Sieben Jahre später ist der Entschluss gefallen, den Standort nach Oberösterreich zu verlegen. Mit ein Grund für den Wechsel war, dass die Familie Stöber einen Oberösterreicher als neuen Niederlassungsleiter gewinnen konnte. Begonnen wurde ebenso mit einem kleinen Team, das sich im Laufe der Jahre sukzessive vergrößerte, bis hin zu aktuell 13 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Wie in anderen Gebieten auch haben wir hierzulande den Vorteil, dass wir in einem sehr gesunden Wirtschaftsstandort beheimatet sind und daher von zahlreichen Industriebetrieben umgeben sind.
Alexander Pesendorfer: Der österreichische Markt zeichnet sich durch seine Innovationskraft und Diversität aus. Neben den großen Playern und Marktführern in deren Branchen haben wir in Österreich viele Sondermaschinenbauer, die auf jeweils ihren Gebieten sehr erfolgreich am Weltmarkt sind. Die Vision unseres Leitbildes ist, für unsere Kunden der „Partner für die perfekte Bewegung“ zu sein. Das generelle Streben des österreichischen Marktes nach „perfekten Lösungen“ passt deshalb wunderbar zu unserem sehr breiten Produktportfolio.
Ein Betrieb verändert sich fortschreitend und passt sich laufend an die Gegebenheiten an, denn keine Veränderung bedeutet Stillstand.Andreas Weber
Anfang 2020 haben Sie beide als neues Führungsteam in Kooperation die Leitung der Niederlassung von ihrem Vorgänger übernommen. Wie hat sich die Österreich-Niederlassung seitdem entwickelt, welche neuen Ideen verfolgen Sie mit Ihrem Team?
Andreas Weber: Seither sind ein paar spannende Jahre vergangen, in denen wir bereits viel Neues miterlebt haben. Ein Betrieb verändert sich fortschreitend und passt sich laufend an die Gegebenheiten an, denn keine Veränderung bedeutet Stillstand. Wir sind sehr gut mit unserem Team aufgestellt, um uns den täglichen Anforderungen zu stellen. Dabei leben wir bei angenehmem Betriebsklima gute Teamarbeit; das fördert die Effektivität.
Alexander Pesendorfer: Im Zuge der Nachfolgeregelung wurde im Jahr 2020 die Führung der Niederlassung Andreas Weber und mir als Doppelspitze anvertraut. Ziel dieser Umstrukturierung war, die Kundennähe, die STÖBER seit Jahrzehnten auszeichnet, in unveränderter Qualität auch bei weiterem Wachstum des Unternehmens sicherzustellen. Dies betrifft einerseits die persönliche Betreuung vor Ort bei unseren Kunden durch unsere Vertriebs- und Anwendungstechniker. Und daneben natürlich die kundenorientierte Ausrichtung aller Prozesse unserer Vertriebsniederlassung.
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Wir haben gerade in den letzten Jahren zum Teil herausragende Projekte in der Batteriefertigung sowie im Bereich Automation & Robotik abgewickelt.Alexander Pesendorfer
Auf der SPS 2023 präsentierte STÖBER unter anderem einen digitalen Zwilling, der in Kooperation mit Siemens entstanden ist. Welche Vorteile kann der Anwender daraus ziehen, dass sich Ihre Antriebstechnik sehr gut in die Siemens-Welt integrieren lässt?
Alexander Pesendorfer: Wir haben gemeinsam mit Siemens einen digitalen Zwilling entwickelt, um unseren (auch potenziellen) Kunden unsere volle Konnektivität zu Siemens-Motion-Lösungen aufzuzeigen. Und praktisch zu demonstrieren, wie komfortabel unsere Antriebsregler in PROFINET-basierenden Anwendungen einsetzbar sind. Ganz konkret zeigen wir mit diesem Modell die durchgängige Simulation der individuellen Maschine eines Anwenders. Er kann, wie gewohnt, in seiner TIA-Umgebung programmieren und dieses anschließend mithilfe der Simulationssoftware PLCSIM Advanced und NXMCD an einem digitalen Zwilling erproben. Daneben hat er die Möglichkeit, unsere Antriebsregler Plug-and-play in der Siemens Umgebung zu nutzen. Das spart Zeit und Konfigurationsaufwand. Natürlich kann er auch Programmteile wiederverwenden und spart sich damit zusätzliche Entwicklungsaufwände. Für unsere Antriebe werden wir perspektivisch ebenfalls digitale Abbilder zur Verfügung stellen, da natürlich auch wir die Wichtigkeit dieser Funktionalität in der Zukunft sehen.
Die Antriebslösungen von STÖBER haben eine lange Tradition und kommen in unterschiedlichsten Unternehmen zum Einsatz. Gibt es Anwendungsfälle, die Ihnen besonders in Auge gefallen sind?
Alexander Pesendorfer: Wir haben gerade in den letzten Jahren zum Teil herausragende Projekte in der Batteriefertigung sowie im Bereich Automation & Robotik abgewickelt. Und das in den unterschiedlichsten Branchen. Wir versuchen stets, der ideale Partner für unser Kunden zu sein. Und haben zusammen schon einige Erfolgsgeschichten geschrieben. Ganz besonders inspirierend finde ich jedoch, dass wir auch den Nachwuchs fördern. Unser Headquarter in Deutschland unterstützt zum Beispiel die „Rennschmiede“, eine Initiative der Hochschule Pforzheim, bei ihrem elektrisch angetriebenen Rennwagen. Seit 2014 nehmen die Studierenden an einem internationalen Konstruktionswettbewerb teil, seit drei Jahren gehen sie mit einem Elektrofahrzeug an den Start der Formula Student Electric. Das diesjährige Racecar heißt Amethyst – oder kurz Amy. Historisch betrachtet ist STÖBER seit der ersten Stunde der Rennschmiede an Bord. Anfangs nur finanziell, seit 2020 haben wir die Zusammenarbeit intensiviert und liefern auch handfeste Technik wie Antriebsregler, Synchron-Servomotoren und präzise Planetengetriebe. Unsere Komponenten sind eigentlich gar nicht für den Motorsport konzipiert. Gemeinsam mit dem Renn-Team haben wir sie deshalb den Anforderungen entsprechend modifiziert. Wir bringen damit jedes Jahr aufs Neue eine Menge Ingenieurs-Know-how und Unterstützung bei der Fertigung mit ein. Zudem ermöglichten wir Tests am Motorprüfstand. Das Ergebnis überzeugt: Amy ist war in diesem Jahr bereits in der Schweiz, in Österreich, Tschechien und Kroatien am Start. Ich bin sehr gespannt, welche Neuerungen die Studentinnen und Studenten für 2024 geplant haben. Wir sind auf jeden Fall weiterhin dabei.
Wenn Sie alles Elektronische von einem Lieferanten und alles Mechanische von einem anderen beziehen, verschenken Sie Performance.Alexander Pesendorfer
Die Entwicklung von STÖBER zeigt einen Weg vom Komponenten- hin zum Systemanbieter. Alles aus einer Hand also. Ist das STÖBER System ein Erfolgsfaktor? Und wie herausfordernd ist dieser Anspruch für ein Unternehmen, das seine Wurzeln im Komponentengeschäft hat?
Alexander Pesendorfer: Ein Erfolgsfaktor ist das STÖBER System auf jeden Fall. Denn das Ergebnis eines perfekt aufeinander abgestimmten Antriebssystems ist mehr als die Summe seiner einzelnen Komponenten! Schnittstellen reduzieren, Verantwortlichkeiten bündeln … Das ist nichts Neues im Maschinenbau. STÖBER hat jedoch festgestellt, dass es wichtig ist, die verbleibenden Schnittstellen richtig zu setzen – und zwar gerade nicht an den Technologiegrenzen. Anwender erhalten von uns ein komplettes System aus Getriebemotoren, Kabel und den Antriebsreglern. Wenn Sie alles Elektronische von einem Lieferanten und alles Mechanische von einem anderen beziehen, verschenken Sie Performance. Wir mit unserer jahrzehntelangen Erfahrung in Getrieben, Motoren und Elektronik bieten mechatronisches Know-how, um die perfekte Bewegung zu realisieren – und zwar aus einer Hand. Diese Bandbreite kann ein Lieferant in der Regel nicht abdecken. Natürlich ging das nicht von Anfang an reibungslos. Die unterschiedlichen Entwicklungsverläufe für die Mechanik und die Elektronik in einen gemeinsamen Prozess zu überführen, trägt viel für das Verständnis und Vertrauen in die Fähigkeiten der jeweils anderen Abteilung bei. Das dient letztlich natürlich auch dem Kunden. Der Systemgedanke reicht auch bis in unseren Support. Wir haben vor ein paar Jahren eine neue Abteilung geschaffen, die Produktberater aus den einzelnen Professionen gebündelt. Somit stellen wir sicher, dass ein Experte das System über die eigentliche Fragestellung hinaus betrachtet und Optimierungspotenzial erkennt. Alles in allem profitieren Konstrukteure mit unserer Systemlösung auf ganzer Linie. Sie erhalten ein kompaktes, prozesssicheres System aus einer Hand, das genau auf ihre Aufgabe abgestimmt ist. Dadurch können die Komponenten nahtlos zusammenarbeiten und optimale Leistung, Effizienz und Zuverlässigkeit bieten.
Künstliche Intelligenz hat in der Antriebstechnik eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, die vor allem Effizienz, Leistung und Zuverlässigkeit von Antriebssystemen verbessern können.Alexander Pesendorfer
Cybersecurity spielt derzeit eine große Rolle, nicht zuletzt wegen der EU-Richtlinie NIS2. Welche Auswirkung hat das auf den Bereich der Antriebstechnik?
Alexander Pesendorfer: Das ist richtig. Die wachsende Bedrohung aus dem Cyber-Raum und die zunehmende Digitalisierung von Produktionsanlagen machen Security zu einem wirklichen Trend in der Antriebstechnik. Zudem hat die Europäische Kommission im September letzten Jahres den Entwurf eines Cyber Resilience Acts (CRA) vorgelegt. Ziel ist, die Cyber-Sicherheit von Produkten, die miteinander oder mit dem Internet verbunden werden können, entscheidend zu verbessern. Und genau damit wird die Security zu einem essenziellen Bestandteil für den Verkauf von Produkten in der EU. Nach aktuellem Stand tritt das Gesetz 2024 in Kraft. Das bedeutet, die neuen Regelungen betreffen alle Unternehmen, die Produkte mit digitalen Elementen herstellen. Das Thema Security ist bereits seit Längerem ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierungsstrategie bei STÖBER. Als Basis verwenden wir die Security-Norm für industrielle Automatisierungssysteme, die „IEC 62443“. Sie enthält Richtlinien und Best Practices für die Sicherheit von Informations- und Steuerungssystemen in industriellen Umgebungen. Und zeigt ganz konkret Maßnahmen z. B. in Sachen Zugriffskontrolle oder Netzwerksicherheit auf. Ein wichtiger Bestandteil von Security ist aber auch die sicherheitsgerechte Auslegung von Prozessen, beispielsweise, dass zwischen dem Versand von Produkten und der Ankunft beim Kunden kein Unbefugter Produkte manipulieren kann. Alles in allem kann ich sagen, wir sind „am Puls der Zeit“ und unsere Entwicklungsabteilung ist darauf fokussiert, unsere Produkte und Prozesse sicherheitsgerecht zu gestalten. Und damit die gesetzlichen Forderungen in vollem Umfang zu erfüllen.
Welche Einsatzmöglichkeiten sehen Sie für KI in der Antriebstechnik?
Alexander Pesendorfer: Künstliche Intelligenz hat in der Antriebstechnik eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, die vor allem Effizienz, Leistung und Zuverlässigkeit von Antriebssystemen verbessern können. An erster Stelle sehe ich hier die vorausschauende Wartung von Antriebskomponenten wie Motoren oder Getrieben, also Predictive Maintenance. Hier können frühzeitig Anomalien und Verschleiß erkannt werden, wodurch natürlich Wartungsarbeiten besser geplant und Stillstände vermieden werden können. Mit unserem Ansatz von Predictive Maintenance, der STÖBER „Virtual Lifetime“, können Sie vor allem die Lebensdauer über ein modellbasiertes Analyseverfahren berechnen und Ihren Antrieb optimieren. Besonders hervorzuheben ist hier der lizenzfreie Ansatz, der ohne externe Sensorik auskommt und steuerungsunabhängig funktioniert.
Mit dem Online-Konfigurator beschreitet STÖBER auch im Vertrieb neue Wege. Welche Vorteile ergeben sich durch dieses Angebot?
Alexander Pesendorfer: Eines der Hauptargumente in meinen Augen: Mit dem STÖBER Konfigurator sparen unsere Kunden enorm viel Zeit. Sie können online einfach und schnell ihre passende Lösung aus unserem gesamten Portfolio zusammenstellen, ohne großen Abgleichaufwand. Zudem ist die Oberfläche des Konfigurators nutzerfreundlich konzipiert und das Tool insgesamt intuitiv bedienbar. Wiederum ein großes Plus in Sachen Effizienz: Die individuelle Lösung ist schnell mit wenigen Klicks gefunden. Dazu stehen zahlreiche Filter und Vergleichsmöglichkeiten zur Verfügung. Sie können sich zum Beispiel die Baureihen nach dem günstigsten Preis, der Leistung oder Baugröße sortieren lassen. Je nachdem, welche Filter Sie gesetzt haben, wird automatisch der beste Treffer angezeigt. Und Sie können diesen dann passgenau konfigurieren. Ein weiterer Benefit: Konstrukteure erhalten unmittelbaren Zugang zu technischen Datenblättern, Maßzeichnungen und 3D-Modellen. Ihre Konfiguration können Sie übrigens im Anschluss direkt bei STÖBER anfragen oder aber auch zur späteren Verwendung speichern und mit anderen teilen. Eigentlich ein Kinderspiel.