Fraunhofer IAO : Praxiseinstieg in digitale Ökosysteme am Beispiel Gaia-X
Im Zeitalter der Digitalisierung und Plattformökonomie haben sich in den letzten Jahren neue digitale, datenbasierte Wertschöpfungsnetzwerke gebildet. Daten und ihre ökonomischen Auswirkungen durchdringen alle Bereiche der Wirtschaft und bis 2025 rechnet die Europäische Kommission mit einer weltweiten Zunahme des Datenvolumens um mehr als das Fünffache. Dadurch steigt auch für Anbieter von Produkten und Dienstleistungen die Bedeutung einer Teilhabe an digitalen Daten- und Serviceplattformökosystemen. Vielen Anbieterunternehmen fehlen jedoch noch die notwendigen Ressourcen und das entsprechende Know-how zu Digitalisierung und Daten.
"Gerade für Service-Anbieter gibt es aktuell enorme Herausforderungen mit dem Umgang und der strategischen Positionierung hinsichtlich digitaler Wertschöpfungsnetzwerke. Viele Fragen bezüglich Datensouveränität, Interoperabilität, Vertrauen und Sicherheit sind derzeit noch ungeklärt", sagt Sandra Frings, Projektleiterin Cloud Mall BW am Fraunhofer IAO und Mitautorin der Publikation. Führende Initiativen und Leuchtturmprojekte wie beispielsweise Gaia-X oder die International Data Space Association haben sich in den vergangenen Jahren gebildet mit dem Ziel, Lösungskonzepte, Normen und Standards zu erarbeiten, auf denen Unternehmen zukunftsfähige Produkte aufbauen können. In der Publikation hat das Expertenteam am Beispiel des Praxispiloten »KI-gestützte Energieoptimierung in der Produktion (KIEP)« im Rahmen von Workshops einen kooperativen Geschäftsmodellansatz, ein Wertschöpfungsnetzwerk und eine IT-Architektur unter Berücksichtigung der Gaia-X-Spezifikationen konzipiert. Die gewonnenen Erkenntnisse und daraus abgeleitete Handlungsoptionen sowie eine Übersicht über wesentliche Initiativen sollen Anbieterunternehmen als Orientierungshilfe im Aufbau von digitalen Ökosystemen als Werkzeuge an die Hand gegeben werden.
Handlungsempfehlungen für den Praxistransfer: Entwicklung eines Nutzenszenarios und fundierte Einarbeitung
Um einen erfolgreichen Transfer in die Praxis zu ermöglichen, ist laut den Experten die gemeinsame Entwicklung eines Nutzenszenarios mit einem schlagkräftigen Kern an Partnerunternehmern ein Erfolgsfaktor und wesentliche Grundlage für die Konzeptentwicklung. Die klare Herausarbeitung von Zielgruppen vereinfache die Identifizierung konkreter und entscheidender Nutzenvorteile für alle Stakeholder im Ökosystem. Ökosysteme auf föderativer Basis stellten in diesem Zusammenhang eine große Herausforderung dar, aber ermöglichten eine aktive und gleichberechtigte Partizipation insbesondere von kleinen und mittleren Anbietern von Produkten und Dienstleistungen an digitalen Wertschöpfungsnetzen. »Neulinge« in Daten- und Serviceökosystemen sollten Zeit zur Einarbeitung in die Thematik mitbringen. Denn eine gründliche Einarbeitung in die Dokumentationen und Terminologien wird dringend empfohlen, auf deren Basis eine gemeinsame Vision und Verständnis für technische Grundlagen entwickelt werden könne. So könnten auch die Möglichkeiten für eine Umsetzung der Strategien und Visionen von Ökosystemen realistisch eingeschätzt werden. Die nationalen und domänenspezifischen Gaia-X Hubs bieten eine Anlaufstelle, um die Einarbeitung und den Austausch mit anderen Interessierten zu erleichtern.
Im Rahmen der Arbeiten am Praxispilot stellten die Beteiligten fest, dass die Rollenverteilung und rollenspezifische Mechanismen in der Gaia-X-Spezifikation weiter detailliert und ausgebaut werden sollten. Insbesondere sollte mehr Transparenz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Umsetzung von Gaia-X-Netzwerken geschaffen werden. Ebenso sei es wichtig, dass die Inhalte der Gaia-X-Dokumente und Aktivitäten vor allem noch KMU-orientierter gestaltet werden. Gaia-X solle auch KMU-freundlichere Technologien und Methoden berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere die Partizipation und Zusammenarbeit der beteiligten Stakeholder überdacht und optimiert werden. Begleitend sei es mit diesem Hintergrund hilfreich, vielleicht sogar notwendig, dass Transferinitiativen des Mittelstands die Inhalte niederschwellig für KMU aufbereiten und vermitteln, um sie so besser auf eine Beteiligung vorzubereiten und die möglichen Vorteile zu verdeutlichen. Auf diese Weise könne Gaia-X auch bei KMU als strategische Option weiterentwickelt werden.