Absichtserklärung für die nächsten fünf Jahre : Grüner Wasserstoff für Nordamerika: ABB und Charbone Hydrogen schließen Vereinbarung

Grüner Wasserstoff gilt als klimafreundliche Alternative zu grauem Wasserstoff.

Grüner Wasserstoff gilt als klimafreundliche Alternative zu grauem Wasserstoff.

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Was planen ABB und Charbone Hydrogen?

ABB und die Charbone Hydrogen Corporation – ein in Montreal, Kanada, ansässiger Hersteller von grünem Wasserstoff – haben eine Absichtserklärung unterzeichnet. In den kommenden fünf Jahren planen sie gemeinsam die Entwicklung von bis zu 15 modularen und skalierbaren Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Nordamerika. 

Diese Anlagen sollen eine saubere Brennstoffquelle für bestehende Wasserstoffnutzer bereitstellen und insbesondere Industriezweige wie die Stahlproduktion unterstützen, die aktuell noch grauen Wasserstoff als Energiequelle nutzen.

Durch die Vereinbarung wird ABB zur bevorzugten Lieferantin für Design, Planung, Herstellung, Prüfung und Lieferung modularer, standardisierter Umspannwerke (E-Houses), die die Produktionsanlagen mit lokalen Energieversorgern verbinden. Zudem unterstützt ABB Charbone bei der Standardisierung der Grundlagenplanung für Systeme und Komponenten aus dessen Projektportfolio, um Energieeffizienz und Zuverlässigkeit zu steigern. Je nach Projektanforderungen könnte ABB künftig auch als Hauptauftragnehmerin für Automatisierungs-, Elektrifizierungs- und Telekommunikationslösungen tätig werden.

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Was ist der Unterschied zwischen grauem, grünem und blauem Wasserstoff?

Der Unterschied zwischen grauem, grünem und blauem Wasserstoff liegt in der Art der Herstellung und den damit verbundenen CO₂-Emissionen:

  • Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen, meist durch Dampfreformierung von Erdgas, gewonnen. Dabei entsteht CO₂, das ungenutzt in die Atmosphäre gelangt.
     
  • Blauer Wasserstoff wird wie grauer Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen, meist Erdgas, durch Dampfreformierung gewonnen. Der Unterschied liegt darin, dass das dabei entstehende CO₂ nicht in die Atmosphäre gelangt, sondern durch Carbon Capture and Storage (CCS) abgeschieden und gespeichert wird. Dadurch werden die Emissionen reduziert, aber nicht vollständig vermieden. Blauer Wasserstoff gilt als eine Übergangslösung auf dem Weg zur klimafreundlichen Wasserstoffproduktion.
     
  • Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien (z.B. Wind- oder Solarenergie) produziert. Dieser Prozess verursacht keine CO₂-Emissionen.

Wo werden Produktionsstätten für grünen Wasserstoff umgesetzt?

Zu den Standorten, die unter die Kooperation fallen, gehört Charbones Vorzeigeanlage in Sorel-Tracy in der Nähe von Montreal in Québec, Kanada. Diese Anlage wird voraussichtlich bis Ende des zweiten Quartals 2025 an das Stromnetz von Hydro-Québec angeschlossen und Strom aus Wasserkraft für den Antrieb der Elektrolyseure für grünen Wasserstoff nutzen. 

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Anschliessend soll Sorel-Tracy als Blaupause für den Entwurf und die Planung der modularen und skalierbaren Ausrüstung für andere von Charbone entwickelte Standorte dienen. Das nächste Projekt soll im Grossraum Detroit in den USA umgesetzt werden, dem zentralen Produktionsstandort grosser Automobilkonzerne. 

"So trägt Charbone zur Dekarbonisierung der Industrie bei."

"Diese strategische Zusammenarbeit mit ABB setzt ein deutliches und wichtiges Zeichen hinsichtlich unseres Angebots für den nordamerikanischen Markt für grünen Wasserstoff", sagte Daniel Charette, Chief Operating Officer der Charbone Hydrogen Corporation. "Beim Sorel-Tracy-Projekt beginnt der Bau in Kürze, und dank des modularen Plug-and-Play-Konzepts kann innerhalb weniger Wochen die Produktion aufgenommen werden. So trägt Charbone zur Dekarbonisierung der Industrie bei."

Grüner Wasserstoff und Bioenergie in Kanadas Industrie

Das Gouvernement du Québec hat eine lokalisierte Strategie für grünen Wasserstoff und Bioenergie erstellt, um die Nutzung von Wasserstoff und Bioenergie zur Versorgung von Industriesektoren wie den Verkehr, die Primärmetallindustrie und die Chemiebranche zu fördern. Der Strategie zufolge haben grüner Wasserstoff und Bioenergie das Potenzial, Québecs Verbrauch von Erdölprodukten bis 2030 um fast eine Milliarde Liter jährlich zu senken. Das könnte die Treibhausgasemissionen der Region um vier Megatonnen CO₂ im Jahr reduzieren, was den Emissionen von 1,2 Millionen benzinbetriebenen Fahrzeugen entspricht. 

"Grüner Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle beim Übergang in die kohlenstoffarme Energieversorgung der Zukunft", erklärte Per Erik Holsten, Leiter der ABB-Division Energy Industries. "Wir sind stolz, Charbone bei der Umsetzung seiner Strategie zu unterstützen, Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Nordamerika zu entwickeln und auszubauen. So fördern wir das Wachstum eines wichtigen Sektors und helfen der Industrie, produktiver und nachhaltiger zu werden und dabei laufend hohe Leistungen zu erbringen." 

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Zusätzlich zur Absichtserklärung will Charbone alle geplanten Produktionsstätten mit dem Extended Operator Workplace (EOW) von ABB ausstatten und für die Überwachung aller Anlagen einen zentralen Operator Workplace im Hauptsitz von Charbone installieren. Diese EOWs – laut Aussage des Unternehmens die ersten, die in Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff zum Einsatz kommen – sollen die Produktion steigern und die Ausfallzeiten mit Hilfe von 24/7-Überwachung durch lokale und Remote-Leitstände verringern. 

Die weltweite Nachfrage nach Wasserstoff, die sich weitgehend auf den Raffinerie- und Chemiesektor konzentriert, lag 2023 bei 97 Megatonnen und damit 2,5 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Produktion von emissionsarmem Wasserstoff betrug weniger als 1 Megatonne, könnte auf Basis angekündigter Projekte bis 2030 jedoch auf 49 Megatonnen pro Jahr ansteigen.