Elektrifizierung und Wasserstoff : Forscher: Klimaneutrale Prozesswärmeerzeugung bis 2045 umsetzbar
Die Studie betrachtet den aktuellen Stand der Technik sowie zukünftige Potenziale der unterschiedlichen CO2-neutralen Alternativtechniken unter Berücksichtigung von technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien. Als mögliche Alternativtechniken für die Umstellung von Anlagen und Prozessen wurden besonders die Elektrifizierung und der Einsatz von Wasserstoff betrachtet.
Studienautor Tobias Fleiter stellt fest: "Die Entscheidungen für die Zukunft der Prozesswärme in den verschiedenen Bereichen unserer Industrie müssen jetzt getroffen werden. Unsere Studie zeigt, was die Möglichkeiten der einzelnen Branchen sind. Welche Branche wird und kann auf Elektrifizierung setzen? Wo wird klimaneutraler Wasserstoff eingesetzt? Die Zeit drängt, denn viele industrielle Anlagen haben eine Betriebsdauer von mehreren Jahrzehnten. Wenn unsere Industrie bis 2045 klimaneutral sein soll, muss jetzt der Rahmen dafür gestaltet werden."
Ein Großteil der Treibhausgasemissionen des Industriesektors wird direkt durch die Prozesswärme verursacht. Die Studie zeigt, dass die Umstellung auf klimaneutrale Prozesswärmeerzeugung bis zum Jahr 2045 grundsätzlich technisch möglich ist. Für alle Anwendungen sind CO2-neutrale Alternativen verfügbar oder befinden sich in der Entwicklung. Dabei unterscheiden sich die Möglichkeiten, Herausforderungen und Technologiereife sehr stark zwischen den Branchen. Eine Transformationsstrategie hin zur CO2-neutralen Prozesswärme muss diese strukturellen Unterschiede berücksichtigen und gleichzeitig ein klares Ziel der Treibhausgasneutralität setzen.
Elektrifizierung vs. Wasserstoff
Besonders bei gasbeheizten Industrieprozessen, die eine sehr hohe Energiedichte erfordern, kann der Einsatz von Wasserstoff gegenüber Strom vorteilhaft sein. Hier ist die direkte Elektrifizierung häufig technisch noch nicht ausgereift oder erfordert erhebliche Umbauten der bestehenden Anlagen. So steht die vollständige Elektrifizierung von Industrieöfen noch vor großen technischen Herausforderungen, beispielsweise in der Mineral-, aber auch in der Stahlindustrie. Zwar werden schon vereinzelt elektrische Anlagen eingesetzt, die Elektrifizierung ist jedoch in bestehenden Anlagen meistens deutlich aufwändiger als der Einsatz von Wasserstoff.
Anwendungen mit vergleichsweise niedrigen Temperaturen oder geringen Produktionskapazitäten sollten eher auf Elektrifizierung setzen, die häufig bereits am Markt verfügbar ist, so die Studie. Welche Lösung vorteilhaft ist, entscheidet sich zudem oft standortbedingt – etwa durch in der Nähe geplante Wasserstoffinfrastruktur oder den Ausbau der elektrischen Anschlussleistung.
Elektrische Dampferzeugung bereits am Markt verfügbar
Beim Blick auf die Reifegrade der verschiedenen Technologien zeigt der Bericht, dass vor allem bei der Dampferzeugung Dampfkessel mit Einsatz von Strom oder Wasserstoff bereits im industriellen Maßstab am Markt verfügbar sind. Energieeffizienter als diese elektrischen Dampfkessel sind beispielsweise aktuell ebenfalls schon verfügbare Großwärmepumpen in der Papier- und Nahrungsmittelindustrie, welche die bei der Dampferzeugung benötigten Temperaturen sogar energieeffizienter erzeugen können.
Ein direkter Einstieg in die Transformation der Dampferzeugung ist über hybride Anlagen möglich, also das kurzfristige Nachrüsten von bestehenden gasbeheizten Anlagen mit elektrischen Wärmepumpen oder Dampfkesseln. Diese können dann flexibel in Zeiten mit niedrigen Strompreisen betrieben werden und erlauben einen risikoarmen Einstieg in die Transformation.
Weitere Forschung, Entwicklung und Demonstration ist nötig
Der Einsatz von Wasserstoff ist in den meisten Anwendungen derzeit noch nicht marktreif, die Technologien befinden sich noch im Pilot- und Demonstrationsmaßstab. Jedoch gehen die Forschenden davon aus, dass die Technologie der Wasserstoffbeheizung schon in naher Zukunft in Form von Anlagen auf industriellem Niveau betrieben werden kann und häufig eine Umrüstung bestehender gasbeheizter Öfen möglich sein wird. Die größere Unsicherheit liegt bei der Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff am jeweiligen Industriestandort.
Sowohl bei der Elektrifizierung als auch beim Wasserstoffeinsatz in Industrieöfen sind laut Studie jetzt gezielte Forschung, Entwicklung und Demonstration notwendig, um die Technologien markt- und konkurrenzfähig zu machen. Die technologische Entwicklung über Pilot- und Demoanlagen sowie die groß-industrielle Markteinführung sollten gezielt gefördert werden.