IO-Link-Sensoren : Weniger als 5 Prozent
Die IO-Link-Technologie ist die Chance für KMU, ohne große Investitionen in die Welt von Industrie 4.0 einzusteigen. Doch das Potenzial liegt noch weitgehend brach, sagt Rene Pfaller, Leiter Produktmanagement bei Sick Österreich. Warum sich der Standard trotzdem durchsetzt und wieso Plug&Play bei IO-Link das Gegenteil einer Black Box ist, erklärt er im Interview mit AUTlook.
Welchen Marktanteil haben IO-Link-Sensoren heute? Wie hat sich der Marktanteil in den letzten Jahren entwickelt?
Rene Pfaller: Den genauen Marktanteil können wir leider nicht nennen – generell lässt sich aber sagen, dass der Marktanteil stark steigt, da viele Sensoren IO-Link bereits standardmäßig an Bord haben. Auch die Nachfrage nach IO-Link fähigen Sensoren steigt zunehmend, da viele Unternehmen den Mehrwert von schneller Parametrierung, erweiterten Sensordaten, bidirektionaler Kommunikation und umfangreicher Diagnose erkannt haben.
Dann formuliere ich die Frage anders: Wie viele der draußen im Feld verbauten IO-Link-Sensoren sind bereits so mit einem Netzwerk verbunden, dass sie ihr Potenzial auch ausspielen können?
Rene Pfaller: Tatsächlich integriert sind nach meiner Schätzung derzeit vermutlich weniger als 5 Prozent. Wir verzeichnen aber in den letzten Jahren einen deutlichen Trend, was die Integration und Nutzung von IO-Link betrifft. Das äußert sich beispielsweise daran, dass Maschinenbauer bereits in der Entwicklung von Maschinen IO-Link berücksichtigen. Außerdem verzeichnen wir verstärktes Interesse von Endkunden bei IO-Link Veranstaltungen und anhand der verstärkten technischen Anfragen zum Thema Integration und Funktion sowie Nachrüstung und Maschinenoptimierungsmöglichkeiten.
In einem Video auf Ihrer Homepage machen Sie den „letzten Meter“ zwischen Sensor und Aktor als Problemfeld bisheriger Produktionsanlagen aus. Wie ist das gemeint?
Rene Pfaller: Digitalisierung und Industrie 4.0 funktioniert nur mit Daten – wenn Sensoren nur 1/0 Informationen liefern, lässt sich daraus auch weniger machen, als wenn der Sensor neben dem eigentlichen Schaltsignal auch zusätzliche Prozessdaten zur Verfügung stellt und bidirektional kommunizieren kann. Gerade bei vermeintlich einfachen Sensoren ohne Feldbusschnittstelle bietet IO-Link enormes Potential, das beinahe kostenneutral und einfach genützt werden kann.
Was muss bei der Nachrüstung von bestehenden Systemen beachtet werden?
Rene Pfaller: Eigentlich nicht viel – IO-Link setzt auf Standards, wie M12, M8 oder M5 Stecker und drei-adrige Kabel und ist Feldbusunabhängig. Die Sensorleitung ist auf 20 Meter limitiert und um die Datenübertragung sicherzustellen, benötigt es sonst nur noch einen entsprechenden IO-Link Master. Die entsprechenden Sensor-Funktionsbausteine werden von diversen Herstellern kostenlos zur Verfügung gestellt – die Integration ist damit keine große Herausforderung.
Gibt es Grenzen des Einsatzes für IO-Link – also etwa Ausdehnung und Typ der Anlage, Größe der Anlage, Menge der Datenpunkte …?
Rene Pfaller: Neben der maximalen Leitungslänge ist die Kommunikationsgeschwindigkeit auf 4.8kBaud, 38,4kBaud und 230,4kBaud ausgelegt.
„Industrie 4.0 für alle“ lautet der Titel: Meinen Sie mit „alle“, dass auch kleinere und kleinste Produktionen sich damit selbst organisieren können, oder dass „alle“ Funktionen damit ausgestattet werden können?
Rene Pfaller: IO-Link bietet tatsächlich die Möglichkeit, Digitalisierung auf einfache Art und Weise in jeder Produktion zu realisieren. Egal ob KMU oder Großkonzern – ein Einstieg ist weder an große Investitionen noch an enormen Zeitaufwand gebunden und der Mehrwert ist sofort messbar.
Ist Plug&Play bei Ihren Kunden draußen ein willkommener Vorgang? Neben der Zeitersparnis bringt das auch mit sich, dass ein Stück der Kontrolle über ein System an eine „Black Box“ abgegeben wird - oder wird das von den Anlagenbetreibern nicht als Nachteil gesehen?
Rene Pfaller: Plug&Play ist vermutlich bei den meisten Menschen die beliebteste Form, ein neues Gerät in Betrieb zu nehmen – natürlich muss eine erste Inbetriebnahme erfolgen, in der gewisse Grundeinstellungen vorgenommen werden. Damit ist die volle Kontrolle über das zu erwartende Verhalten gegeben. Im Gegensatz dazu bietet IO-Link erstmals die Möglichkeit, wirklich auf Diagnosedaten von Sensoren zuzugreifen, die vorher in einer „Black Box“ versteckt waren.
Die Normierung von IO-Link erfolgt in trauter Gemeinsamkeit. Im IO-Konsortium ist alles vertreten, was Rang und Namen hat. Wie konnte diese seltene Einigkeit aller Marktteilnehmer ausgerechnet bei diesem Protokoll erreicht werden?
Rene Pfaller: Vermutlich weil allen beteiligten Unternehmen klar wurde, dass es einen solchen Standard braucht und dass es nur mit einer gemeinsamen Lösung funktioniert!
Gibt oder gab es andere Ansätze oder andere Standards, die auf einen ähnlichen Effekt gezielt haben? Warum hat sich das IO-Link-Protokoll durchgesetzt?
Rene Pfaller: Ich denke fast jede Schnittstelle oder jedes Kommunikationsprotokoll möchte zum weitverbreiteten Standard werden – Lösungen die aus einem einzigen Unternehmen getrieben werden, haben es hier mit Sicherheit deutlich schwerer als ein Standard, der offen, transparent und durch einen Zusammenschluss von anerkannten Marktführern getragen wird.
Sensoren werden überall eingesetzt, nicht nur in der Industrie – in Autos, in Gebäuden, in Konsumgütern … was wird der nächste Schritt beim Einsatz der Technologie sein, Ihrer Einschätzung nach?
Rene Pfaller: Unsere Kernbranchen bleiben derzeit unverändert, wobei wir natürlich diverse Trends beobachten. Ich bin sicher, dass Sensoren zukünftig verstärkt auf modulare Hardwarekonzepte aufbauen, wobei die tatsächliche Funktion durch kundenspezifische Software auf die exakten Kundenbedürfnisse angepasst werden kann.
Mehr über IO-Link finden Sie AUTlook 3/2018.