Smart Water : Das Wasser steuern

Bis die kommunalen Wasserwerke vollständig digitalisiert sind, wird noch eine Menge Wasser durch Österreich fließen. Doch die Entwicklung ist unaufhaltsam: Langsam, aber sicher werden auch die heimischen Versorger auf vernetzte Lösungen setzen. Davon ist zumindest Falk Petersdorf überzeugt. Seit Anfang des Jahres ist der Geschäftsführer von Xylem Deutschland auch für den österreichischen Markt verantwortlich. Er setzt auf den Geschäftszweig "Smart Water", der im Wassertechnologie-Konzern immer wichtiger wird. In seinem ersten Interview seit dem Antritt der neuen Aufgabe erklärt er, was der Fachkräftemangel und die Urbanisierung mit dem Trend zum intelligenten Wassermanagement zu tun haben, warum Investitionsstau ein starkes Argument für vernetzte Systeme ist und wie künstliche Intelligenz die Instandhaltung von Rohrleitungsnetzen erleichtert.

Herr Petersdorf, was verstehen Sie unter "Intelligentem Wassermanagement"?

Falk Petersdorf: Intelligentes Wassermanagement ist für uns das ganzheitliche Verständnis für die Steuerung von Wasser- und Abwassernetzen. Wir haben dabei die Frischwasser-, Abwasser- und Klärtechnik-Infrastruktur von Kommunen, Großgebäuden und Industriebetrieben im Blick. Mit Infrastruktur meinen wir sämtliche technische Komponenten die benötigt werden, um Wasser zu gewinnen, zu transportieren oder zu reinigen. Diese Komponenten müssen miteinander vernetzt sein, damit wir vom Leitstand aus in der Lage sind, stets zu sehen was in den Anlagen passiert, und dann auch eingreifen können. Bei Xylem ist intelligentes Wassermanagement oder wie wir sagen "Smart Water" die Zukunft für kommunale Betreiber.

Auf welche aktuellen Herausforderungen der Wasserwirtschaft ist das die Antwort?

Petersdorf: Wir sehen vier große Themen in der Wasserwirtschaft. Zum ersten ist das die alternde technische Infrastruktur. Die Anlagen sind, gerade in Österreich, zum

Teil bis zu über 100 Jahre alt. Hier stehen viele Investitionen an. Bei knappen finanziellen Ressourcen muss wohl überlegt sein, in welche intelligenten, zukunftsfähigen Technologien man investiert. Zweitens gibt es den Trend zur Urbanisierung, wodurch sich die Belastung für die Wasserver- und -entsorgungssysteme verändert. Intelligente Technik ist in der Lage, diese Systeme anzupassen auf Basis der sich verändernden Einwohnerzahl zu steuern. Drittens wirkt sich die zunehmende Instabilität des Wetters aus. Trockenphasen und Regenzeiten wechseln einander stärker ab, dazu kommen singuläre Ereignisse wie Stürme oder, gerade im alpinen Österreich, Schneeschmelze. Die Netze müssen darauf eingerichtet werden. Hier helfen intelligente Systeme, die dank der Auswertung historischer und aktueller Wetterdaten präzise Prognosen erstellen können. Und viertens spürt auch die

Wasserwirtschaft den Fachkräftemangel, der gerade in technischen Berufen merkbar

wird. Die Service- und Wartungsintensität von wasserwirtschaftlichen Anlagen, die aus den vorher genannten drei Gründen zunimmt, wird so wie bisher manuell nicht aufrecht erhalten werden können. Hier ist zentrale Steuerung und vorausschauende Wartung eine große Hilfe.

Wandel im Konzern

Xylem ist in erster Linie ein Pumpenhersteller, aber für diese ganzheitlichen Sichtweisen benötigt man viel mehr als nur Pumpen. Woher kommen die nötigen Technologien, haben Sie die selbst entwickelt, zugekauft, oder empfehlen Sie bestimmte Partner?

Petersdorf: Ursprünglich kommen wir aus der Pumpenproduktion, das ist richtig. Gerade in Österreich mit der langen Tradition von Vogel Pumpen wird das stark so gesehen. Aber in den letzten fünf Jahren haben wir begonnen, das Thema Wassertechnik als Ganzes zu sehen. Pumpen machen heute nur mehr rund 50 Prozent des Portfolios aus, und unsere Smart Water-Produkte und Services sind auf dem Vormarsch. Um nur einige Beispiele zu nennen: Sensortechnik, Reinigungstechnik, Wasserzähler oder ein Dienstleistungsangebot für die Zustandsbewertung von Rohrleitungen sind heute ebenfalls Xylem-Programm.

Voraussetzung für intelligente Systeme ist die permanente Vernetzung. Wasserleitungssysteme sind schon per definitionem sehr weitläufig. Wie lösen Sie das? Welche Standards, welche Protokolle nutzen Sie dafür?

Petersdorf: Wir bedienen die gängigen Standards und Protokolle und passen uns den Bedürfnissen unserer Kunden an, je nachdem welche Lösungen bevorzugt oder bereits

installiert sind.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in dem Zusammenhang?

Petersdorf: Eine sehr große. Wir können dafür einen riesigen Datenbestand nutzen.

Xylem hat weltweit Daten über wassertechnische Anlagen, über die dabei verwendeten

Materialien, über Zustände und Schäden. Wir können daraus ableiten, wie sich

bestimmte Anlagen entwickeln werden und wie Schadensbilder mit hoher Wahrscheinlichkeit aussehen werden.

Das vollständige Interview und Beispiele für Smart-Water-Anwendungen wie "Pipe Diver" oder "Smart Ball" lesen Sie in der aktuellen Printausgabe 1/2019 von process pur - hier auch als E-Paper.