Schunk : Zugriff der Greifer
Es wird in Zukunft keine langweiligen Jobs mehr geben. Davon ist zumindest Frank Blase überzeugt. Der Chef des Energiekettenherstellers Igus geht nämlich davon aus, dass die automatisierte Arbeit erst ganz am Anfang steht und in den kommenden Jahren regelrecht explodieren wird. Dabei werden die Roboter die langweiligen Tätigkeiten übernehmen, während der Mensch sich auf interessante und sinnstiftende Tätigkeiten konzentrieren kann. Mit dieser These stieß er bei einer Diskussionsrunde, die auf Einladung von Schunk während der diesjährigen Automatica in Müchen stattfand, auf breite Zustimmung. Genereller Tenor: Während es früher darum ging, mit Robotern Arbeitsplätze zu ersetzen, stehe heute vor allem die Zusammenarbeit mit dem Roboter und dessen Funktion als Assistent im Fokus.
Roboter als Assistenten
Unter dem Titel „Open. Future Technology in a Connected World“ diskutierte Gastgeber Henrik A. Schunk, Geschäftsführender Gesellschafter von Schunk, mit Frank Blase, Anja Schneider von SAP und Bernd Liepert, dem Chief Innovation Officer des Roboterherstellers Kuka. Das immer engere Zusammenspiel von Mensch und Roboter erfordert ein Umdenken bei Normung und Regulierung, bei der Konzeption von Arbeitsplätzen, aber auch in Schule und Ausbildung - so die einhellige Meinung. Die Entwicklung hin zum Roboter als Assistenten des Menschen ist global und und unumkehrbar, doch seien durchaus kulturelle Unterschiede beispielsweise zwischen Europa und Asien festzustellen. Aus Sicht von Bernd Liepert gilt es, trotz künstlicher Intelligenz und Digitalisierung auch den Wissenshunger bei klassischen Themen, wie Mechatronik und Leichtbau nicht aus dem Blick zu verlieren. In Bezug auf Daten und Datensicherheit gab Anja Schneider zu bedenken, dass allein die Erfassung möglichst vieler Daten noch kein Ergebnis bringe. Vielmehr gehe es darum, Daten intelligent zu filtern, um aus den Ergebnissen Verhalten ableiten zu können. Entscheidend sei, dass sämtliche Daten im Unternehmen verbleiben und dass aufgeklärt wird, wo mögliche Einflugschneisen für Datenmissbrauch sind. Nach Ansicht von Henrik A. Schunk werde die Einfachheit der Systeme und die einfache Integration der Komponenten Ängste abbauen und dazu beitragen, dass Roboter immer stärker als Assistenten gesehen werden. Seiner Ansicht nach bieten die modernen Technologien die Chance für einen neuen Produktivitätsschub.
Offene Systeme
Um die Potenziale der neuen Technologien optimal nutzen zu können, setzt Schunk auf Offenheit seiner Komponenten und Systeme: Jeder Roboter, jede Schnittstelle und jede Cloud sollen mit den Schunk-Greifsystemen kompatibel sein, so das erklärte Ziel. Diese wiederum werden immer häufiger in der Lage sein, Prozessdaten zu erfassen, sie systematisch in Echtzeit auszuwerten und an die Anlagensteuerung, in Cloudlösungen oder unmittelbar an andere Komponenten weiterzugeben. Dabei nutzt der Kompetenzführer für Greifsysteme und Spanntechnik interdisziplinäres Wissen, um zusätzliche Synergien zu erzeugen. Ein Beispiel: Sobald der Greifer das Bauteil detektiert, passt der Kraftspannblock seine Parameter individuell darauf an. Am Dashboard kann der Bediener sämtliche Prozessschritte nachverfolgen, definierbare Zeiträume auswerten und Zustandsdaten der beteiligten Komponenten abfragen. In Zukunft dehnt Schunk die Möglichkeiten der Digitalisierung auch auf die Welt System- und Anlagenkonstruktion aus, und zwar in OEM-Partnerschaft mit Siemens PLM Software: Das ermöglicht Konstrukteuren ab sofort einen einfachen Einstieg in die Welt der Simulation von Handhabungslösungen.
Radikale Veränderung
Wie sehr sich das industrielle Greifen in den letzten Jahren gewandelt hat und weiter wandeln wird, zeigt sich an den in München demonstrierten Beispielen. „Wir sind überzeugt, dass sich das industrielle Greifen in den kommenden Jahren weiter radikal verändern wird“, betont Henrik A. Schunk. „Smarte Greifer werden mit dem Nutzer und mit ihrer Umwelt interagieren, sie werden kontinuierlich Umgebungs- und Prozessdaten erfassen und in komplexen Umgebungen eigenständig die jeweilige Greifstrategie entwickeln – schneller und flexibler als es der Mensch je könnte.“