Ethik : Welche Leitlinien Bosch bei Künstlicher Intelligenz einhalten will

Der Mensch soll die Kontrolle behalten: Das ist die Quintessenz der KI-Leitlinien, die sich Bosch für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gegeben hat, sagt CEO Volkmar Denner: „Unser Ziel ist, dass die Menschen unseren KI-Produkten vertrauen.“ KI ist für Bosch eine Schlüsseltechnologie. Ab 2025 sollen alle Bosch-Produkte über KI verfügen oder mit ihrer Hilfe entwickelt oder hergestellt werden. Das Unternehmen hat den Anspruch, dass seine KI-Produkte sicher, robust und nachvollziehbar sind. Der Kodex basiert auf dem Bosch-Leitmotiv „Technik fürs Leben“, das Innovationsstreben mit gesellschaftlicher Verantwortung verbindet. Innerhalb der kommenden zwei Jahre will Bosch 20 000 Mitarbeiter fit für den Umgang mit KI machen. Das Programm schließt den KI-Kodex für den verantwortungsvollen Einsatz der Technologie ein.

Das Potenzial von KI

Künstliche Intelligenz ist weltweit ein Motor für Fortschritt und Wachstum. So erwartet zum Beispiel die Beratungsgesellschaft PwC bis 2030 in China eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts durch KI um 26 Prozent, in Nordamerika um 14 Prozent und in Europa um rund zehn Prozent. Ob in der Mobilität, in der Medizin oder in der Landwirtschaft – in fast allen Bereichen des Lebens kann die Technologie helfen, Herausforderungen wie beispielsweise den Klimaschutz zu meistern und Ergebnisse zu optimieren. Dafür werden große Mengen an Daten ausgewertet, Algorithmen ziehen Schlüsse daraus und sind in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Bosch stellt sich schon vor Einführung eines bindenden EU-Standards bewusst den ethischen Fragen, die der Einsatz der neuen Technologie aufwirft. Werte, wie sie in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ festgehalten sind, bilden dafür das moralische Fundament.

Die menschliche Kontrollinstanz

Gemäß dem KI-Kodex von Bosch soll künstliche Intelligenz nicht ohne menschliche Kontrollinstanz über Menschen entscheiden. Vielmehr soll sie den Menschen als Werkzeug dienen. Drei Szenarien sind dabei möglich. Ihr gemeinsamer Nenner: Der Mensch soll bei den Entscheidungen der von Bosch entwickelten KI-Produkte die Kontrolle behalten. Im ersten Szenario ist künstliche Intelligenz reines Hilfsmittel – etwa bei entscheidungsunterstützenden Anwendungen, bei denen der Mensch bei der Klassifikation von Gegenständen oder Lebewesen unterstützt wird (Human-in-command). Im zweiten Szenario trifft ein intelligentes System selbst Entscheidungen, die der Mensch aber jederzeit übersteuern kann (Human-in-the-loop). Ein Beispiel dafür ist das teilautomatisierte Fahren: In die Entscheidung eines Einparkassistenten etwa kann der Mensch direkt eingreifen. Im dritten Szenario, beispielsweise bei einem Notbremsassistenten, legen Experten während der Entwicklung des intelligenten Produkts bestimmte Parameter als Grundlage für die Entscheidung der KI fest, in die Entscheidung selbst können sie nicht eingreifen. Im Nachhinein überprüft der Entwickler, ob sich die Maschine an die vom Menschen gegebenen Vorgaben gehalten hat. Falls nötig, kann er die Parameter verändern (Human-on-the-loop).

Vertrauen schaffen

Bosch will mit seinem KI-Kodex auch einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte um künstliche Intelligenz leisten. „KI wird alle Lebensbereiche verändern“, sagte Denner. „Eine breite gesellschaftliche Diskussion ist deshalb notwendig.“ Um Vertrauen in intelligente Systeme zu schaffen, ist neben technischem Know-how der enge Austausch mit Politik, Wissenschaft und Gesellschaft wichtig. Bosch ist daher in der High-Level-Expert-Group der Europäischen Kommission in Brüssel vertreten, die sich ebenfalls mit der ethischen Dimension der künstlichen Intelligenz beschäftigt. In einem globalen Netzwerk mit derzeit sieben Standorten und in Zusammenarbeit mit der Universität Amsterdam und der Carnegie Mellon University in Pittsburgh/USA forscht das Unternehmen zudem an sicherer, vertrauenswürdiger KI. Im Forschungsverbund Cyber Valley in Baden-Württemberg ist Bosch Gründungsmitglied und investiert 100 Millionen Euro in den Bau des AI Campus. Dort arbeiten in naher Zukunft rund 700 Bosch-Experten, externe Forscher und Mitarbeiter von Start-ups zusammen. Um den engen Austausch von Fachleuten führender internationaler Verbände und Organisationen geht es auch bei dem von Bosch ins Leben gerufenen Digital Trust Forum, dessen elf Teilnehmer sich auf der Bosch ConnectedWorld 2020 erneut treffen.