Design to Cost : Mit den Waffeln der Automatisierung

Jede zweite Waffel, die irgendwo auf der Welt gegessen wird, wurde auf einer Waffelmaschine aus Niederösterreich produziert. Franz Haas Waffelmaschinen aus Leobendorf ist Weltmarktführer in diesem Bereich. Am Anfang dieser Entwicklung stand die erste händisch bedienbare Waffelmaschine namens HV6, die das von Josef Haas noch zu Kaisers Zeiten gegründete Maschinenbauunternehmen 1948 auf den Markt brachte. Der Erfolg war durchschlagend und der Nachkriegshunger auf süße Ablenkung so groß, dass 1966 der Sohn des Firmengründers sein Unternehmen als „Franz Haas Waffelmaschinen“ positionierte und nördlich von Wien an seinem aktuellen Standort ansiedelte. Heute beschäftigt das Unternehmen weltweit über 1.600 Mitarbeiter, ist seit Anfang 2018 Teil der Bühler-Gruppe aus der Schweiz und produziert rund 300 Maschinen und Anlagen pro Jahr.

Bedeutungsgewinn für Automatisierung im Maschinenbau

Dabei gibt es eine Vielzahl an grundlegenden Serien und Varianten, aus denen jeweils auf die benötigte Waffelform und die besonderen Bedürfnisse der jeweiligen Kunden maßgeschneiderte Lösungen entwickelt werden. Eine dieser Serien, die Flachwaffeleisen-Maschine „Fox“, wurde nun nach dem Design-to-Cost-Prinzip neu gestaltet – und der Treiber dabei war die Automatisierung. Das spiegelt auch den Bedeutungszuwachs wieder, den die Automatisierung im Maschinenbau gewinnt. Seit Anfang 2018 ist Automatisierung bei Haas ein eigener Bereich. War sie davor eine Unterabteilung des Maschinenbaus, so wird sie nun unter der Leitung von Reinhard Pöhn als eigenständige Einheit geführt. Die Abteilung zählt derzeit schon 20 Personen und ist damit der am stärksten wachsende Teilbereich innerhalb des Unternehmens.

So einfach wie möglich

Der Kopf hinter der Neugestaltung der Serie Fox ist Christian Bauer, der etwa ein Jahr lang an dem Projekt getüftelt hat. Fox ist das Einsteigermodell, quasi die „Low-Budget-Serie“ für den asiatischen Markt. Daher ist diese Serie besonders kostensensibel, was sich bisher aber nicht im Engineering niedergeschlagen hatte. Bauer: „Meine Vision war es, das Engineering so einfach wie möglich zu gestalten. Auch der Aufwand bei Inbetriebnahme und Wartung sollte für den Kunden so gering wie möglich werden.“ Die Leitfrage, die sich der HTL-Absolvent der Fachschule für Steuerungs-, Mess- und Regelungstechnik nach einem Fox-Projekt für einen chinesischen Kunden stellte, lautete: Was ist technisch möglich? Drei Ansatzpunkte waren es letztendlich, die Christian Bauer identifizierte: Die Modularisierung der Anlage, die Reduktion der Komponentenvielfalt im Schaltschrank und die Stärkung des „Hirns“ der Anlage – also der Steuerungssoftware.

Echte Modularisierung

Eine Waffelanlage besteht grundsätzlich aus vier Komponenten: Der Waffelofen, in dem die Waffelblätter gebacken werden; die Streichmaschine, die die Cremen zwischen die einzelnen Waffelblätter bringt; der Kühler, der die fertigen Waffeln auf eine Weiterverarbeitungstemperatur bringt; und zu guter Letzt der Schneider, der die fertigen Waffeln vor dem Verpacken in die gewünschte Größe und Form zurechtschneidet. War es ursprünglich so, dass alle vier Teile der Anlage von einer Steuerung aus dirigiert wurden und jede Untermaschine programmtechnisch darin abgebildet war, so hat jetzt jede der Maschinen eine eigene Steuerung. Dadurch können die Teile der Anlage parallel oder hintereinander in Betrieb genommen, getestet und gewartet werden – je nachdem, wie es die technische Notwendigkeit und die personelle Verfügbarkeit beim Kunden sinnvoll erscheinen lässt. Da überall die gleiche Steuerung verbaut ist (Simatic S7-1200 Serie), ist die Kommunikation der Steuerungen untereinander ein leichtes. Kommunizieren können die einzelnen Maschinen mittels ProfiNet.

Reduzierte Komponentenvielfalt

Die zweite Revolution spielte sich in den Schaltschränken ab. Waren bei Fox alt 110 verschiedene Hardware-Komponenten verbaut, so sind es jetzt unter 30. Die Reduktion von 84 verschiedenen Hardware-Komponenten schlägt sich auch bei den Kosten nieder, die um knapp 30 Prozent unter denen der alten Linie liegen. Erreicht wurde diese Reduktion, indem Christian Bauer die vorhandenen Ressourcen besser ausnutzt. So werden jetzt beispielsweise die DI/AI-Inputs des Frequenzumrichters genutzt, anstatt eigene Hardware dafür zu benötigen. Die Reduktion der Hardwareteile ging Hand in Hand mit der Vereinheitlichung der eingesetzten Produkte. Bei deren Auswahl war aber nicht nur die Funktionalität, sondern auch die weltweite Verfügbarkeit ein wichtiges Auswahlkriterium. So etwa bei den Frequenzumrichtern: Wurden bisher verschiedene und teilweise auch nur regional vertriebene Einzelgeräte genutzt, so ist ab nun in allen Maschinen der Fox-Serie derselbe weltweit lieferbare Frequenzumrichter vom Lieferanten Danfoss verbaut. Das bedeutet, dass der Anlagenbetreiber Wartung und Ersatzteilbeschaffung wesentlich einfacher und damit kostengünstiger abwickeln kann – die Serie wurde schon mit Blick auf möglichst geringe Folgekosten entwickelt.

Im Hirn der Anlage

Parallel zur Hardware-Reduktion wurde die Software von Fox aufgewertet. Etliche technische Funktionen und Anwendungen wurden hier abgebildet, so etwa Frequenzmessung, Pulsweitenmodulation, Safety und PLC-Checksum oder die Messung des Stromsignals, virtuelles Weggebersignal ohne Hardware, für die kein Messequipment mehr benötigt wird: Auch die Vernetzung der einzelnen Anlagen untereinander ist nun leichter möglich, um so die gesamte Produktion zu optimieren. Christian Bauer erklärt das anhand des ersten Großauftrags, den er für einen asiatischen Kunden mit der neuen Fox-Serie betreut: „Hier geht es um 15 parallel laufende Anlagen – ein internes Benchmarking zeigt da rasch, welcher Teil welcher Maschine nicht optimal läuft, Schwachstellen aufweist oder nachjustiert werden muss.“ Mit der Modularität ist auch die Nachrüstung mit den Vernetzungskomponenten leicht möglich, da alle Maschinen über die gleichen definierten Schnittstellen

verfügen.

Lebenszykluskosten

Durch die Modularisierung und die Reduktion der Komponentenvielfalt sind die Waffelmaschinen der Serie Fox einfacher in Betrieb zu nehmen und zu bedienen, die Anlagen sind im Lebenszyklus kostengünstiger zu warten und durch die programmiertechnische Erweiterung des Funktionsumfangs bieten sie auch mehr Komfort. Damit bekommen die Haas-Kunden in Asien eine ganze Palette an Vorteilen in die Hand, so Bauer. Nur der einheitlich in SCL programmierte Source Code verbleibt natürlich in Leobendorf, denn das ist das ureigenste Know-how des Herstellers.

Die Verschiebungen im Maschinenbau weg von der Hardware hin zur Software, von der Mechanik zur Automatisierung – sie lassen sich hier präzise nachvollziehen. Asiatische Schnittenhersteller sind die ersten, die davon profitieren.