Kollaborative Robotik : „Beim Automatisieren ist Sicherheit das wichtigste Thema“

Durch Kameras und optische Sensoren kann eine räumliche Trennung zwischen Mensch und Roboter im kollaborativen Betrieb entfallen – Schutzzäune sind damit passé. Cobots überwachen ihren Arbeitsbereich und errechnen Schutzzonen, in denen sie – bei drohender Kollision mit einem Menschen – ihre Geschwindigkeit anpassen und gegebenenfalls stehen bleiben. Und zwar so lange, bis der Mensch den Bereich wieder verlassen hat.

Cobot-Hype aufgrund einfacher Bedienung

Einer der größten Vorteile von kollaborativen Robotern ist aber ihre Handhabe. „Bei Cobots dreht sich sehr viel vor allem um die einfache Bedienung“, sagt Thomas Eder. „Ich vergleiche das immer gern mit einem Smartphone, auf dem kann man auch einfache Dinge machen. Ein Smartphone wird beim Programmieren aber keinen Laptop oder eine Hochsprache ersetzen können. So wie in der konventionellen Programmierung gibt es eine Einstiegsprogrammierung und eine Hochsprache, wo ich verschiedene komplexere Aufgaben mit verschiedenen Bedienkonzepten realisieren kann“, erläutert der Geschäftsführer. „Aber aufgrund dieser einfachen Bedienung erleben die Cobots im Moment meiner Meinung nach so einen Hype, da die Roboter nun unterschiedlich bedient werden können. Wir haben jetzt auch eine neue Funktion mit einer Tablet-Bedienung, mit dieser Easy to use Funktions kann man nun den Roboter bedienen, ohne ein Experte sein zu müssen. Und wir bei Fanuc können damit – das ist jetzt neu – auch alle herkömmlichen Roboter programmieren, also auch die Nicht-Cobots.“

Cobots werden nun zusehends für Automatisierer in allen Branchen interessant und für manche ist die Möglichkeit zur Kollaboration dabei sogar nur zweitrangig. „Viele dieser Cobots werden trotzdem mit Sicherheitszäunen und anderen Sicherheitseinrichtungen betrieben, einfach weil die Kunden in der Bedienung einfachere Roboter haben wollen“, erklärt Eder.

Normen für Koexistenz, Kooperation und Kollaboration

Der eigentliche USP von Cobots ist aber die Kollaboration zwischen Mensch und Maschine. Arbeiter und Roboter haben aber auch schon in der Vergangenheit zusammengearbeitet, besteht hier so ein großer Unterschied? Ja, denn man muss hier zwischen Koexistenz, Kooperation und Kollaboration unterscheiden. „Außerdem gelten hier andere Normen und Sicherheitsanforderungen, als für normale Industrieroboter“, sagt Thomas Eder, dessen Unternehmen Fanuc auch aktiv in die Normengestaltung involviert ist. Der Geschäftsführer erläutert: „Kollaboration heißt, dass Mensch und Maschine bei laufendem Betrieb in Verbindung sind. Im Falle der Koexistenz steht der Roboter hingegen hinter einem Schutzzaun. Menschen kommen gar nicht in seine Nähe, wodurch er sich - im Gegensatz zu einem Cobot - mit maximaler Geschwindigkeit bewegen kann. Und Kooperation lässt sich mit jedem herkömmlichen Roboter machen. Dabei muss der Roboter seine Arbeit stoppen und somit den Sicherheitsbereich für den Menschen freigeben. Das kann im Zuge der ISO 10218 gelöst werden“, erklärt Eder. ISO 10218 ist eine Basisnorm und stellt Anforderungen an die Integration von Industrierobotern, Industrierobotersystemen und Roboterzellen. „Kollaboration bedeutet aber den aktiven Austausch mit aktiver Maschine – hier kommt die ISO TS 15066 zum Tragen“, so Eder weiter. In ISO TS 15066 sind die Grenzwerte für die biomechanische Belastung des Menschen während einer Kollision mit dem Cobot definiert, also wie fest z.B. der Druck sein darf, den dieser im Fall der Fälle auf einzelne Körperteile ausübt. „Diese Normkraft ist bis zu 150 Newton als Beispiel im Oberarmbereich freigegeben“, erläutert Thomas Eder und sagt weiter: „Diese zwei Normen sind einfach wichtig. Wir als Hersteller liefern bei einem Roboter diesbezüglich eigentlich eine ‚unvollständige’34 – 35 Fanuc CE-Maschine aus. Die Grundfrage der Normen muss eigentlich das Systemhaus lösen.“

Sicherheit ist das oberste Gut

Der direkte Kontakt zwischen Mensch und Roboter ist dann möglich, wenn der Mensch während der Arbeit des Roboters Zugang zum Arbeitsraum hat. „Aber beim Automatisieren ist Sicherheit einfach das wichtigste Thema. Es muss unter anderem sichergestellt werden, dass dem Bediener nichts passiert. Da gibt es verschiedene Funktionen, wie die Sicherheit umgesetzt wird“, sagt Eder. Während Sicherheitszäune und andere bauliche Maßnahmen entfallen können, die bei einem herkömmlichen Industrieroboter vorgeschrieben sind, braucht es nun Überwachungssysteme, wie beispielsweise Dual Check Safety (DCS). Dieses überwacht die Position und Geschwindigkeit und macht die Mensch-Roboter-Kollaboration sicherer, da „ich dem Roboter einen gewissen Raum gebe, in dem er sich bewegen darf. Dadurch brauche ich schon viel weniger Überwachung, weil er nur in diesem virtuellen Sicherheitsraum agiert“, sagt Thomas Eder.

Cobots können also beim Arbeitsschutz mitwirken, während sie ihren menschlichen Kollegen schwere, teils komplexe Arbeiten und dadurch buchstäblich eine Last abnehmen. „Man muss aber schon dazusagen: Die menschliche Hand mit ihrem Daumen, in Verbindung mit dem Auge, mit Hören und Sehen – das ist ein kleines Wunderding. Die Automaten sind von dieser Kombination noch weit weg. So toll die Technik ist, der Mensch ist einfach genial, was wir im Zusammenspiel können.“