5 Trends der Verbindungstechnik

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Fragen über Fragen, aus denen Georg Stawowy, Vorstand und CTO der Lapp Holding AG fünf Trends präsentiert. 1. Trend zur höheren Vernetzung und zur Miniaturisierung

Die Digitalisierung verändert unsere Umwelt bezüglich der Verbindungstechnik in der Weise, dass immer mehr Produkte und sogar einzelne Komponenten selbst kommunizieren können und wollen. Das bedeutet, dass immer mehr Daten mit immer höheren Geschwindigkeiten übertragen werden müssen – was man aus Büros schon länger kennt, hält nun auch in Fabrikhallen Einzug. Die stetige Leistungssteigerung von Mikrochips treibt nicht nur die Digitalisierung, sondern, zusammen mit Anstrengungen in Bezug auf Ressourceneffizienz, auch einen Wandel zu immer kleineren und kompakteren Produkten und Geräten. Ein Smartphone besitzt heute die Rechenleistung eines Supercomputers aus den 1990er-Jahren – bei einem Bruchteil der Größe, des Energieverbrauchs und des Preises. Das wirkt sich auch auf die industrielle Verbindungstechnik aus. Roboter und andere Maschinen werden kompakter und verlangen nach immer mehr Datenverbindungen. Spezielle Kabelkonstruktionen und technische Kniffe zum Beispiel bei der Isolation helfen, Platz zu sparen. Immer häufiger kommen deshalb auch Hybridleitungen zum Einsatz, die in einem gemeinsamen Mantel leistungsführende Kabel, Datenleitungen und sogar Schläuche für Pneumatik oder Hydraulik bündeln. Wo große Datenmengen übertragen werden, ersetzt eine schnelle Cat.7 Industrial Ethernet-Leitung mehrere langsame Varianten, Glasfaserkabel ersetzen noch mehr kupferbasierte Leitungen. Auch die Steckverbinder müssen abspecken: Rundstecker werden schlanker, modulare Steckersysteme vereinen viele Kontakte unterschiedlicher Leitungen in einem Gehäuse. Spezielle Materialien und optimierte Kabel-Innenaufbauten sind auch aus anderen Gründen notwendig, denn die in Büros üblichen Leitungen eignen sich nicht für die Fertigung. Dort müssen sie Schmierstoffe, heißen Dampf und millionenfache Biegungen und Torsion aushalten.

2. Steckverbinder statt Direktverdrahtung

Heute ein Fernseher, morgen ein Staubsauger – auf derselben Produktionslinie: Mit Industrie 4.0 wird die Produktion modularer und flexibler. Einzelne Fertigungsmodule werden im Handumdrehen getauscht oder neu angeordnet. Das hat Konsequenzen für die Verbindungstechnik: Wurden elektrische Verbindungen früher festverdrahtet, verlötet und dann oft viele Jahre nicht mehr angerührt, erfordert die Flexibilität Steckverbinder, die sich viele tausend Mal lösen lassen und immer wieder verlässlichen Kontakt herstellen. Auch die Steckverbinder werden modularer. Sie vereinen Kontakte für hohe Ströme etwa für Antriebe mit Datenleitungen mit Gigabit-Tempo, manchmal sogar mit Pneumatik oder Hydraulik – alles lässt sich leicht konfigurieren und immer wieder neu zusammenstellen, zum Beispiel wenn eine Maschine aufgerüstet wird.

3. Trend zu Systemlösungen

Industrie 4.0, Internet der Dinge, offene Innovationsprozesse: Die Aufgaben der Maschinenbauer wachsen unaufhörlich. Umso wichtiger ist es, dass sich die Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Das Konfektionieren von Leitungen – das Kürzen der Kabel und Anbringen von Steckverbindern sowie die Erstellung kompletter Energieketten – gehört meist nicht dazu. Die Maschinenbauer verlangen daher zunehmend maßgeschneiderte Fertigkonfektionen, die sie einfach in ihre Maschinen einstecken können. Fertigkonfektionen sind zudem haltbarer, weil der Anbieter die Qualität des Gesamtsystems gewährleistet, um Montagefehler wie vergessene Endhülsen oder Verletzungen der Isolation müssen sich die Anwender keine Sorgen machen. Bei Konfektionen direkt vom Hersteller können die Kunden außerdem von dessen besonderem Know-how profitieren und sind technologisch immer auf dem neuesten Stand. Der Entwicklungsaufwand, den die Hersteller von Verbindungssystemen betreiben, wäre für die Anwender wirtschaftlich nicht sinnvoll. Für die Hersteller ist die Herausforderung deswegen nicht geringer: Sie müssen effiziente, am besten automatisierte Prozesse einführen und dabei in der Lage sein, auch hoch komplexe kundenindividuelle Einzelanfertigungen in kürzester Zeit zu liefern. Dabei geht es nicht darum, nur im Dreieck von Qualität, Kosten und Zeit die Prioritäten zu verschieben: Der optimale Prozess bringt heute Verbesserungen in allen drei Dimensionen.

4. Gleichstrom ersetzt Wechselstrom

Die Tage des Wechselstroms sind gezählt. Zum einen wird durch Photovoltaik Gleichstrom erzeugt, der für die Einspeisung ins Netz zu Wechselstrom gewandelt wird und zum anderem verlangen immer mehr elektronische Geräte (Fernseher, Smartphone, LED-Licht, etc.) Gleichstrom, welcher aus dem Wechselstrom-Netz erst wieder gleichgerichtet werden muss – da kommt die Frage auf, ob Wechselstrom noch sinnvoll ist. Die Energieverluste bei der Umwandlung sind riesig – etliche Kraftwerke könnte man abschalten, würde man in Industrie und Haushalten Gleichspannungsnetze legen.

Ganz so einfach ist der Paradigmenwechsel natürlich nicht. Herkömmliche Schalter und Steckverbinder taugen nicht für Gleichspannung, weil die Polarität der Spannung nicht wechselt und der Lichtbogen beim Ausschalten nicht abreißt – da lauert Gefahr. Hier sind neue Steckverbinder und Abschaltautomatiken gefragt, doch diese Themen sind inzwischen beherrschbar. Auch die Kabelhersteller sind gefordert: Es gibt starke Indizien dafür, dass die Kunststoffe von Isolation und Kabelmantel unter dem Einfluss der von Gleichstrom erzeugten Felder anders altern. Forschungsprojekte befassen sich bereits mit diesen Themen.

5. Koexistenz von Kabel und Funk

Im Haushalt ist WLAN inzwischen fast allgegenwärtig, und auch in den Fabrikhallen gewinnen Funktechniken für den Datenaustausch Anhänger. Funktechnik ist meist kostengünstig und bietet Flexibilität, wenn Anlagen verändert werden. Das Ende des Kabels, wie es manche prophezeien, steht aber nicht bevor – im Gegenteil: Durch die fortschreitende Elektrifizierung und Vernetzung in Werkhallen werden eher noch mehr Leitungen benötigt, um die hohen Übertragungsraten zu gewährleisten. Zudem sind Kabel im Vorteil, wenn Datenzuverlässigkeit und Latenz wichtig sind, denn in einer industriellen Fertigung wird auf Takt gefertigt, bei der zuverlässig Informationen im Millisekunden Bereich übertragen werden müssen. Dies ist durch Funklösungen nur sehr schwer oder mit überproportional hohem Aufwand zu meistern. Da mehrere Funkverbindungen sich leicht überlagern und gegenseitig auslöschen können oder durch bewegende Objekte, wie etwa Gabelstapler unterbrochen werden können. Außerdem sind Kabel weniger anfällig für mutwillige Störungen oder Angriffe von Hackern. Deshalb werden in Zukunft kabelbasierte Systeme von der Funktechnik nicht verdrängt, sondern werden sich immer mehr gegenseitig ergänzen. lappaustria.lappgroup.com